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Die Verheissungen waren noch nicht vollständig ausgeführt worden, als Karl im April 774 in Rom erschien; er erneuerte das Versprechen seines Vaters, verpflichtete sich demnach persönlich das noch fehlende Gebiet dem Petrus zu restituiren[1]. Zwei Monate später hat er sich zum König der Langobarden gemacht. Die Unterwerfung der Langobarden sah er bereits bei seiner Reise nach Rom als sicher an, aber er hatte, als er die gleiche Zusage wie sein Vater gab, noch nicht über die Behandlung des Langobardenreiches den letzten Entschluss gefasst. Nun standen das alte Versprechen und das neue Königreich einander als unvereinbar gegenüber: wenn Karl jenes hielt, so konnte er dieses nicht haben. Als König der Langobarden[2] erklärte er, das alte Langobardische Land für sich behalten zu wollen, und er hätte einen grossen Theil davon aufgeben müssen, wenn er das Versprechen in seinem vollen Umfang verwirklichte. Noch 778 mahnte ihn Hadrian, es zu erfüllen, und so hoch gingen damals noch die Hoffnungen päpstlicher Politiker, dass sie Karl an Kaiser Constantin erinnerten, der der Kirche des h. Petrus die Herrschaft in Italien geschenkt habe[3]. Später hat der Papst nur noch Patrimonien gefordert. Denn das alte Versprechen von 754 war, soweit es nicht schon ausgeführt war, erledigt worden[4].

Die Langobarden wurden leicht besiegt. Die Franken riefen

  1. Vita Hadriani c. 42. 43. Vgl. daselbst c. 23. 26. 27. 30. 41. Ann. Lauriss. 773 S. 150. Das Gedicht Hadrian’s V. 42, Dümmler, Poetae I, 91. Codex Carolinus S. 559. 560. 564, 21. 566, 35. 567, 33. 568, 21. 572, 8. 574, 10. 575. 577. 579. 581, 25. 583, 38. 587, 27. 597, 36. 598, 2. 600, 28. 602, 7. 603. 607, 3. 613. 616, 29. 635. 656, 25.
  2. So nannte er sich seit Juni 774, Mühlbacher, Regesten Nr. 161.
  3. Codex Carolinus S. 587. Diese Stelle beweist nicht eine Kenntniss unseres Constitutum Constantini; ich halte das Constitutum für älter, vermag aber seine politische Verwerthung im 8. Jahrhundert nicht zu constatiren.
  4. Dass die Ausführung des Versprechens von 754, welches Karl 774 nur erneuerte, weil sein Vater es gegeben hatte, in Folge des veränderten Verhältnisses in Italien Karl unmöglich geworden war, hat bereits ausgeführt Duchesne, Mélanges d’archéologie et d’histoire IV, 271 f. und in seinem Liber pontificalis I, CCXLI; Literatur bei Kehr, Historische Zeitschrift LXX, 385 ff.; hierzu Schaube ebd. LXXII, 193 ff. Die Aufhebung des Vertrages deuten verschieden Ficker, Forschungen II, 348 und Simson, Karl der Grosse I, 377.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_321.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2023)