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war Petrus der ideelle Herrscher des neuen Gemeinwesens[1]. Sein Recht auf die Herrschaft war ein eigenes und unverlierbares Recht, eine auf sich selbst gestellte Gewalt, die weder von den Kaisern, noch von den Karolingern abzuleiten war[2]. An Petri Statt führte wie die kirchliche so die weltliche Herrschaft sein Vicar. Da auf keiner Seite ein Interesse bestand, die Natur des Herrscherthums zu untersuchen, so wurde jene Landesgewalt mit ähnlichen Ordnungen der Zeit weder verglichen noch von ihnen unterschieden. Soweit sich die Begriffsbestimmung der Eigenart der Herrschaft auf Byzanz bezog, konnte man den Papst nicht einen kaiserlichen Verwaltungsbeamten mit selbstständigem, unentziehbarem Recht auf die Regierung nennen, noch durfte man ihn als Untersouverän, seine Herrschaft als Unterstaat bezeichnen, weil derartige Rechte für den Römischen Kaiser keine Geltung hatten. Die Karolingische Intervention hob zwar die Byzentinische Gewalt im Kirchenlande nicht auf, sie schränkte jedoch ihre Ausübung so ein, dass hier die Fortdauer des Imperiums bedeutungslos war. Der Kaiser befahl weder dem Papste noch seinen Unterthanen, er erhob keine Abgabe von ihnen, er richtete und beschützte sie nicht und hätte nicht vermocht, den Papst zur Rechenschaft zu ziehen.

In seinem Lande galt der Papst als der von Gott verordnete Herr, als eigenberechigter Regent[3], und diese Rechtsansicht haben

  1. Z. B. Codex Carolinus S. 489, 18. 501 f. 509, 31. 568, 18. 588, 38. 617, 21. 654. Vita Stephani II. c. 41. 45. 46, Hadriani c. 32. 33, Leonis IV. c. 80. Capitularia II, 101, 3; 125, 9. Oben S. 316. Vgl. Orsi, Origine del dominio dei rom. pontefici c. 8 a. E.
  2. Nach Lamprecht a. a. O. S. 124 deutet Hadrian, indem er 790 oder 791 von seinem Patriciat spricht (Codex Carolinus S. 635, 19), auf seine Eigenschaft als ehemaliger kaiserlicher Verwaltungsbeamter. Ich halte die Wendung für eine gelegentliche antithetische Formulirung der päpstlichen Landesherrschaft im Gegensatz zur Landesherrschaft des Patricius Romanorum. Derselbe Papst hatte schon früher (s. ebend. S. 587) behauptet, Constantin habe ihm Gewalt in Hesperien so, wie er sie selber besass, übertragen. Eine abgeleitete, geliehene Gewalt ist auch das. S. 635, 20 nicht gemeint und an eine solche Verleihung hat auch Johannes VIII. nicht gedacht, als er im März 878 dem Grafen Berengar schrieb: urbis Romae potestatem a piis imperatoribus b. Petro principi apostolorum eiusque vicariis traditam, Migne 126, 756.
  3. Codex Carolinus S. 509, 33. 510, 6. Vita Paschalis c. 3, Leonis IV. c. 1, vgl. c. 81. Auf seinen Münzen, die an sich schon ein Zeichen der
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_326.jpg&oldid=- (Version vom 17.5.2023)