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oder begünstigte und ihm zum Schaden unterliess, Unternehmungen oder Anschläge seiner Feinde zu seiner Kenntniss zu bringen[1], brach seine Bundespflicht. Auf Grund der Bundesgenossenschaft sollte der Eine dem Andern erforderlichen Falles kriegerischen Beistand leisten oder als sein Verbündeter allein zu den Waffen greifen[2]. Leute des Andern, die sich der Herrschaft entziehen wollten, sollte der Genosse nicht aufnehmen und Verleumder nicht bei sich dulden[3]. Weil sie als Regenten das Bündniss geschlossen hatten, standen sie für ein bundesgemässes Verhalten ihrer Völker ein; sie durften ihren Untergebenen nicht gestatten, feindselig gegen den Verbündeten zu handeln oder seinen Leuten Gewalt zu thun[4].

Waren die Bethätigungen der genossenschaftlichen Hilfe bisher von gleicher Art, so gab es doch einen Punkt, an dem sich die Aeusserungen der Bundespflicht auf beiden Seiten schieden. Der eine Vertragschliessende war ein Staatshaupt und der andere war ein Kirchenhaupt. Während jener nur weltliche Herrscherrechte zu gebrauchen hatte[5], vermochte dieser auch geistige Herrscherrechte zur Anwendung zu bringen. Die Verschiedenheit ihrer Rechts- und Machtmittel hatte die Römische Kirche schon früh betont. Bereits vor den Verträgen im Jahre 747 schrieb ein Papst den Franken, ein weltlicher Fürst trage Sorge gegen die Arglist der Feinde und für die Vertheidigung des Landes, den Geistlichen gebühre heilsamer Rath und Gebet (oder

  1. Codex Carolinus S. 582. 588. 591 f. 593, 21. 612 f. 620, 3. Von seinen Verhandlungen mit Byzanz unterrichtete der König den Papst, das. S. 544, 25. 545, 3. 546, 11.
  2. Während diese Bundespflicht des Königs auch hier mit seiner Schutzpflicht zusammenfallen konnte, sofern es sich nämlich um Vertheidigung der Römischen Kirche handelte, erfüllte der Papst lediglich eine Bundespflicht, wenn er mit seinen Truppen das königliche Heer verstärkte oder auf eigene Hand für den König Eroberungen machte, soweit er das nicht aus freiem Willen that. Codex Carolinus S. 589. 619, 29. Kehr, Sybel’s Zeitschrift 70, 439. Wenn eine Handlung überhaupt in das Bereich der Bundespflicht fällt, ist sie auch Pflichterfüllung gewesen.
  3. Codex Carolinus S. 534. 572, 2. 573. 633, 31. 635.
  4. Ebd. S. 508, 19. 526, 4. 559, 41. 583 f. 622 f. 652, 23. Auch hier deckten sich in der Regel Schutzpflicht und Bundespflicht des Königs, so dass der Papst sich zuweilen auf beide berief.
  5. Auch da, wo der Bund dem Schutz des orthodoxen Glaubens diente, ebd. S. 548, 42.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_339.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)