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unter seiner Gewalt[1]. Ihre Pflicht gegen ihn war so alt wie der Patriciat. Die Einwohner Roms versicherten Pippin schon 757 ihrer Treue[2]; in einzelnen Landestheilen liess der Papst die Bevölkerung dem Patricius vereidigen, während in der Hauptstadt eine solche Verbürgung der Pflicht und der Pflichterfüllung sich verzögerte[3]. Aber auch die Vereidigung nur eines

    ein Herr des Landes durfte der Patricius das päpstliche Territorium jederzeit betreten, dort konnte er auch seinen Pflichten am besten genügen. Karl hat die Hauptstadt in den JJ. 774, 781, 787 u. 800 besucht. Bei seinem ersten Besuche kam er, ohne den Papst auch nur zu benachrichtigen, aber vor St. Peter bat er ihn um Erlaubniss, Rom zu betreten, um in verschiedenen Kirchen seine Andacht zu verrichten, Vita Hadriani c. 35. 39. Hieraus folgern z. B. Orsi a. a. O. c. 9 a. E., Brunengo, I primi papi-rè (1864) S. 220 und La civiltà cattolica VI, 2 S. 35, auch Grashof, Archiv für katholisches Kirchenrecht 42, 215, der Patricius habe in Rom kein Recht oder geringeres Recht als der Papst gehabt. Die Frage ging wohl den Kirchenbesuch und den Herrn der Kirchen an. Auch ohnedem halte ich den Schluss nicht für richtig, weil Karl kraft eigenen Rechts sich auf dem Gebiete der Kirche aufhielt und eine Ausnahme für Rom sich nicht begründen lässt.

  1. Karl, der Patricius, heisst auf einem Römischen Bildwerk dominus, Gregorovius, Rom II, 459. Alcuin ep. 114 nennt 799 die Römer sein ovile proprium, Jaffé VI, 465. Codex Carolinus S. 591.
  2. Codex Carolinus S. 509, 36. Karl nennt die Einwohner der päpstlichen Stadt Comacchio seine fideles 781, Codex dipl. Langob. 62 S. 117.
  3. Schon unter Pippin die Spoletiner das. S. 515, 19. Die Capuaner 788 das. S. 617, 21. Bei den ehemals zum Exarchat gehörigen Städten Imola und Bologna blieb es 775 bei dem Versuch des Papstes, aber die Absicht ist für unseren Gesichtspunkt ebenso wichtig wie die Ausführung, das. S. 579, 35. Eine Verallgemeinerung dieser Vorgänge mag nicht berechtigt sein, wie Weiland a. a. O. XXII, 192 gegen Waitz III, 182 und Hauck II, 28 f. 90 bemerkt, aber für den Rechtsstandpunkt scheint mir das nicht entscheidend; ebenso wenig, ob der Papst oder der Patricius den Eid abnehmen liess. Letzteres sollte 796 in Rom geschehen, Annal. Einhard. 796 SS. I, 183 und danach Poeta Saxo III, 279 ff., Jaffé IV, 503. Die Erklärung des Papstes ist m. E. irrig auf eine Vereidigung für den Papst bezogen worden, so z. B. Brunengo, La civiltà cattolica V, 10 S. 436, vgl. Fustel de Coulanges a. a. O. VI, 309. Die Vereidigungen sind nicht die des Fränkischen Staatsrechts; der Vereidigte betheuert lediglich, eben dasjenige zu leisten, worauf der Patricius als solcher ein Recht hatte. Die Bundespflicht, auf welche Niehues, Kaiserthum und Papstthum im Mittelalter I², 498. 528. 530 den Eid bezieht, betraf den Papst, sein Volk hingegen nur mittelbar. Sollte aber das Bündniss auch den Römern Pflichten auferlegt haben, so bliebe die gleichzeitige Vereidigung auch für den Papst zu erklären.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_345.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)