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aus, so fällt die Eroberung Samaria’s in das 9. Jahr des Ahab. Wir sind also, indem wir von oben gerechnet haben, zu demselben Punkte gelangt, zu welchem die Rechnung von unten geführt hatte, und alles stimmt vortrefflich überein.

Die ganze vorstehende Erörterung beruht einschliesslich der Ermittelung der Stellen, wo der Sitz des Fehlers zu suchen ist, auf rein logischen Schlüssen, die auf Grund gegebener Daten gezogen worden sind. Die Erklärung und genauere Bestimmung des Fehlers aber beruht, wie es die Natur der Sache mit sich bringt, in diesem wie in allen analogen Fällen auf einer Hypothese, d. h. in unserem Falle auf zwei Hypothesen, die indessen vollkommen unabhängig von einander sind und sich keineswegs gegenseitig bedingen. Die Hypothese über Jotham ist mit der gewöhnlichen Anschauung dieser Dinge sehr wohl vereinbar und wird voraussichtlich keinen Anstoss erregen. Dagegen vollkommen neu ist die erste Hypothese von dem zeitweisen Untergange des Königreichs Juda[1]. Es liegt auf der Hand, dass, wenn sie richtig ist, die ganze Auffassung der Epoche sich etwas verändern muss. Soll aber eine Hypothese Anspruch auf Richtigkeit erheben, so muss gezeigt werden, dass sie nicht nur das Problem, um dessentwillen sie aufgestellt worden ist, befriedigend löst, sondern auch, dass sie mit keiner feststehenden Thatsache im Widerspruche steht.

Es handelt sich also darum, zu zeigen, dass die sonstige biblische Ueberlieferung mit unserer Hypothese wohl vereinbar sei. Dagegen könnte zunächst das alte Orakel über Moab bei Jesajah 15. 16 geltend gemacht werden, das mehrfach auf Jerobeam II. bezogen worden ist. Es handelt sich allerdings um einen Feind der Moabiter, der von Norden herandringt und gegen den die Moabiter vergeblich bei Juda Schutz suchen. Aber es steht meines Wissens gar nichts im Wege, das Orakel z. B. mit Vatke in das 9. oder 10. Jahrhundert zu setzen, etwa in die Zeit Omri’s.

Wichtiger ist dagegen eine andere Stelle, Amos 7, 10 ff., und diese bedarf einer eingehenderen Erörterung. Dort wird

  1. Dass Asarja nicht unmittelbar nach Amazja’s Tode König wurde, schliesst auch Grätz, Geschichte der Juden I (1874) S. 473 ff. aus II, 14, 19 ff. Seinen weiteren Aufstellungen kann ich nicht folgen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_061.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2023)