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und vertrauensvoll an’s Herz. Während des ersten Jahres aber, das Humboldt in Wien verlebte, und darüber hinaus, zeigt ihm Hardenberg ein Misstrauen, das sich bis zum Hass steigert. Alle wichtigen Verhandlungen gehen hinter seinem Rücken vor sich. Zweimal, im Sommer 1811[1] und im September 1812[2] knüpfte Hardenberg mit Metternich einen geheimen Briefwechsel an, in den die Welfischen Agenten Hardenberg und Ompteda, auch der Oesterreichische Gesandte in Berlin eingeweiht waren, nur Humboldt nicht. Dass er die Mission von Jacobi-Klöst kannte (October 1811[3]), ist nirgends ersichtlich; von Scharnhorst’s Sendung erfuhr er sicherlich und absichtlich nichts[4], und endlich scheute Hardenberg nicht davor zurück, zu Ompteda zu äussern: „Wenn Sie mir etwas sagen, glaube ich es; wenn Humboldt mir etwas sagt, glaube ich kein Wort davon; er ist falsch wie Galgenholz“[5]. Wir werden allerdings den Zeitpunkt kennen lernen, wo das Verhältniss sich vollständig ändert, aber vorläufig waren die Hannoveraner Hardenberg’s Vertraute und Humboldt wurde ohne Kenntniss der Vorgänge und Absichten gelassen, wodurch seine Thätigkeit und Stellung auf’s höchste erschwert wurde. Denn welches Vertrauen sollte Metternich ihm schenken, wenn Hardenberg ihm so offenes Misstrauen zeigte!

Dazu kam, dass er ohnedies vom Wiener Hof mit grossen Bedenken empfangen wurde, da er als Mitglied des Tugendbundes galt. Kurz nach seinem Eintreffen in Wien schrieb am 16. October 1810 Graf Bombelles über ihn einen Bericht[6], in dem er ihn als den begabtesten, aber auch gefährlichsten Streber einer Faction bezeichnet, „welche schon lange im Stillen anwächst und um jeden Preis Proselyten zu machen sucht, die unter der Maske und dem Namen der Tugend trachtet, sich aller Zweige der Verwaltung zu bemächtigen und alle Aemter in die Hand zu bekommen, die getreu dem Geiste aller Secten der Welt zu ihrer gewöhnlichen Devise genommen hat: Niemand hat Credit

  1. Ompteda, Nachlass 2, 54.
  2. Oncken, Oesterreich und Preussen I, 5. Aehnlich hatte übrigens Hardenberg auch Finkenstein gegenüber gehandelt. Oncken II, 12.
  3. Siehe unten S. 105.
  4. Lehmann, Scharnhorst II, 428.
  5. Ompteda 2, 209 vom 8. Februar 1812.
  6. Oncken I, 299.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_080.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)