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ebenso über einen Handelsvertrag, dass aber der Oesterreichische Hof beides abgelehnt habe[1]. Sein Hauptaugenmerk aber richtete Humboldt, getreu der Anweisung seines Ministeriums[2], auf alle Versuche, der Allmacht Frankreichs einen Damm entgegen zu stellen. Der einzige Versuch[3], einen vollkommenen Einklang zwischen den Grossmächten, deren Ziel nicht wäre, Frankreich anzugreifen, sondern seinen Eingriffen einen festen, aber passiven Widerstand entgegen zu stellen, ist noch nicht gemacht worden. Für jetzt, meint er, wäre die Hauptsache, die Eintracht zwischen Russland und Oesterreich herzustellen, da Wien und Berlin in gutem Verhältniss stünden[4]. Es wäre nicht unmöglich, dass Schweden dem gleichen Antrieb folge[5], und die Rheinbundstaaten selbst könnten dadurch die Möglichkeit der Unabhängigkeit erlangen. Aber Oesterreichs Beziehungen zu Frankreich und Russland erlauben nicht solche schmeichelhafte Hoffnungen; er glaube zwar, dass die einzigen Bande, die Wien und Paris vereinigen, die der Heirath Napoleon’s seien; aber man täusche sich hier nicht, dass alle Liebe Napoleon’s zu seiner Gattin ihn nicht veranlassen würde, seine ungeheueren politischen Pläne zu ändern. Der Wiener Hof halte sich weder für stark genug, gegen die Stürme, die ihn bedrohen könnten, anzukämpfen, noch für geschickt genug, sie abzuwenden. Metternich glaube durch seinen Aufenthalt in Paris eine sichere Kenntniss der Intentionen des Kaisers gewonnen zu haben, gestützt auf persönliche Dispositionen, auf die allgemeine Lage und den Krieg in Spanien. Man glaube hier nichts fürchten zu müssen, selbst den Forderungen Frankreichs straflos einen gewissen Widerstand entgegensetzen zu dürfen[6]. Wenn man augenblicklich nichts für sich zu fürchten habe, vergesse man leicht die anderen und die Zukunft;

  1. Bericht vom 31. October 1810; dazu Tagebuch des Erzherzogs Johann S. 140.
  2. An Humboldt 4. November 1810.
  3. Bericht vom 10. November 1810.
  4. Vgl. dazu Ompteda a. a. O. S. 49 und Duncker a. a. O. S. 334.
  5. Dazu Duncker a. a. O. S. 347.
  6. Vgl. Bericht vom 31. October: Die Beziehungen zwischen Oesterreich und Frankreich sind merkwürdig; Allianz und Handelsvertrag sind am hiesigen Hofe abgelehnt, was Napoleon wohl verstimmen dürfte, aber um Spaniens und Russlands willen wird er sich jetzt wohl zurückhalten, um Oesterreich bei einer anderen Gelegenheit zur Allianz zu zwingen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_087.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)