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nur für die erste, und der Vorwand, den er brauche, könne leicht auf sehr viele andere Staaten ausgedehnt werden. Er suche nicht allein die Suprematie, sondern die unmittelbare Herrschaft Uber den grössten Theil des Festlandes; unter dem Vorwand, durch England genöthigt zu sein, scheine er sich zum Herrn aller Häfen machen zu wollen, um Englands Seeherrschaft zu brechen[1]. Sei diese Vermuthung wahr, so befinde sich Preussen in drohender Gefahr, und die Beziehungen Frankreichs zu Russland vermehrten die Unruhe. Er habe Metternich auf die Gefahren für Preussen aufmerksam gemacht, auf die Lage Russlands hingewiesen und indirect gefragt, welche Hilfe man von Wien erwarten könne. Hinsichtlich Russlands habe sich Metternich wieder sehr scharf tadelnd ausgesprochen, für Preussen habe er schöne, wohlwollende Redensarten gemacht, dass die Erhaltung dieses Staates auch für Oesterreich wichtig sei, aber über etwaige Massregeln vollständiges Stillschweigen beobachtet aus Verlegenheit und dem inneren Gefühl der Unmöglichkeit, die Beschlüsse Napoleons zu beeinflussen. Er habe auf Russland hingewiesen, das als Bundesgenosse Frankreichs positiv erklären müsste, es werde nicht dulden, dass man Preussen das geringste Unrecht thue. Oesterreich sei offenbar auch gar nicht in der Lage, Frankreich gegenüber eine etwas imponirende Sprache zu führen. Es scheine sein System zu sein, die Ruhe um jeden Preis zu erhalten, um sich zu consolidiren und in Zukunft mit mehr Nachdruck aufzutreten. Dies wäre ganz gut, wenn man nur in Wien alles aufböte, diese Frist möglichst abzukürzen, und wenn nicht die rapiden Uebergriffe Frankreichs thatkräftige Hilfe verlangten. Immerhin habe Napoleon noch viel Schonung für Oesterreich, und wenn dieses mit Energie intervenirte, hätte es Nutzen. Allerdings sei der gegenwärtige Augenblick unendlich schwierig; denn wie peinlich es auch sein möge, davon zu sprechen, die Gefahr könne man sich unmöglich verbergen. Man könne nicht sagen, dass sie noch näher rücke; denn alle Schläge kämen gegenwärtig ganz unversehens. Es sei andererseits wahr, dass, der Gefahr allzu eifrig zuvorzukommen, sie oft herbeiziehe, und dass allzu lebhafte und zum Theil eingebildete Unruhe wirkliche

  1. Vgl. dazu Duncker a. a. O. 336.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_093.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)