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Erregung hingab, niemals mit sich im Widerspruch stand und eine populäre Sache vertrat[1]. Metternich habe die Erbschaft eines unglücklichen Friedens angetreten, auch sonst keine Popularität erwerben können; man halte ihn für Französisch gesinnt, überaus ehrgeizig und eigensüchtig und für unwahr[2]. Im Vergleich mit Stadion komme er sehr übel fort, aber Humboldt hält doch vieles in den Urtheilen für unbillig, allerdings an Metternich’s Wahrhaftigkeit muss auch er zweifeln und bedauert es sehr, dass er so wenig Vertrauen einflössen könne. Dagegen könne man seiner Einsicht vertrauen, dass ein Französisches Bündniss jetzt unvortheilhaft und unpopulär sei; doch würde er eher das System wechseln als seinen Posten aufgeben, und so würde unter seiner Leitung die politische Haltung Wiens stets schwankend sein. „Für Oesterreich thäte ein Mann noth von Kraft, Muth und Talent, der sich mit ganzer Seele dem Gedanken widmet, sein Vaterland zu retten, und der dadurch das Vertrauen der Nation und des Hofes gewänne“. Aber ein solcher Mann sei nicht vorhanden und darum Metternich noch besser als mancher andere, der auf ihn folgen könne. Humboldt setzt noch hinzu, Metternich zeige Niemandem unbegrenztes Vertrauen, ist aber mit dem persönlichen Verhalten des Ministers zufrieden. Auf diese Darlegung beruft er sich wiederholt und findet es bei dem wachsenden Einfluss Metternich’s nur bedauerlich, dass er sich nicht ganz den Functionen seines Amtes hingäbe und nicht mehr versuche, Oesterreichs Unabhängigkeit zu wahren. Es resultire dies aus der geringen Neigung zur Arbeit bei jenem, so dass es schwierig sei, von ihm Antworten über Gegenstände von secundärem Interesse zu erlangen, die aber doch auch nicht vernachlässigt werden dürfen. Alle Collegen klagen darüber[3].

Die mehrfach gekennzeichnete Art der Metternich’schen

  1. Ueber Stadion urtheilt Humboldt ein anderes Mal, er besitze das Vertrauen der Oeffentlichkeit; sei arbeitsam, sobald es sich um grosse Productionen handle, und von dem grössten Eifer, Patriotismus und der grössten Uninteressirtheit beseelt, aber das administrative Genie und die Kenntniss, um sein Vaterland aus dem Labyrinth zu ziehen, in das eine Folge von Irrthümern und Unglück es geführt hat, ermangle ihm (Bericht vom 5. December 1810).
  2. Vgl. Tagebuch Erzherzog Johann’s bei Krones S. 140.
  3. Bericht vom 6. Juni 1811.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_101.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)