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sein, um entweder Russland zu unterstützen, oder wenigstens nicht durch Frankreich gezwungen zu werden, sich gegen den eigenen Willen zu erklären. Damit wollte er wohl das, was kommen wird, entschuldigen.

Zwar glaubt Humboldt noch immer, Oesterreich werde neutral bleiben wollen und vorläufig habe eine Annäherung nicht stattgefunden. Und noch deutlicher spricht er es am 28. October aus[1], indem er wieder ein Bild von den traurigen inneren Zuständen entwirft: „Wenn Frankreich von Oesterreich ein Bündniss oder den Durchmarsch fordert, so wird man hier keinen wirksamen Widerstand leisten. Gegen das, was Napoleon gegen Preussen unternehmen könnte, wird man höchstens gute Dienste versuchen. Man wird niemals den Muth haben, Preussens Partei zu nehmen, wenn Preussen gegen Frankreich steht“. Von Berlin aus aber schrieb man in jenen Tagen dem Gesandten, Napoleon werde sich wohl zweimal besinnen, Russland anzugreifen, da ihm die natürlichen Schwierigkeiten des Landes und die Leichtigkeit des Zaren, den Nationalkrieg zu entfachen, bekannt seien[2]. So gänzlich liess man ihn in Unkenntniss über das, was vorging, sogar über das, was man dachte.

Zu der neuen Sendung nach Wien war Scharnhorst bestimmt; er reiste am 20. November ab und traf am 30. in Wien ein. Der König sagte von vornherein: „Scharnhorst wird nichts bringen“[3], und er behielt Recht. Man kennt die Erfolglosigkeit der ganzen Mission[4]. Zwar verstand es Metternich, auch ihn eine Zeitlang zu täuschen und auf ihn den Eindruck zu machen, „voller redlicher Deutscher und guter Gesinnungen gegen Preussen zu sein“, bald aber merkte er doch, „„man wolle die Unterhandlung nur verlängern und für den Augenblick eine Allianz mit Frankreich verhindern, Zeit gewinnen, ohne sich zu positiven Bedingungen zu verpflichten“[5]. Und die endgültige Eröffnung lautete, für den Augenblick sei Oesterreich ganz und gar ausser Stande, Hilfe zu gewähren; und das, was in der Folge geschehen könne, werde von den Umständen abhängen[6].

  1. Duncker 410. Vgl. auch Bericht vom 20. August.
  2. An Humboldt 23. November 1811.
  3. Duncker 427.
  4. Lehmann 2, 433.
  5. Ompteda 2, 167.
  6. Lehmann a. a. O.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_107.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)