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und er könnte sich nicht mehr gegen Frankreich erklären, ohne einen Vertrag zu brechen, den er selbst vorgeschlagen. Dem König wären die Hände gebunden, und Preussen wäre politisch eine Null, paralysirt und müsste abwarten, welches Schicksal man ihm im zukünftigen Frieden bereite. Die Regierung wäre in der peinlichen Lage, Preussen in den Händen der Russen, die Mark und Pommern in denen der Franzosen zu sehen und Schlesien so an das Oesterreichische System gebunden, dass es dadurch seiner freien Disposition entzogen wäre. Metternich wünsche es bloss, damit die Russen sich nicht zu sehr Oesterreich nähern, aber dass Preussen eine Convention schliessen soll, meint er selbst nicht. Solange man Besseres thun kann, soll man sie unterlassen; zulässig wäre sie nur, wenn zu gleicher Zeit Preussen und Oesterreich ganz von der Allianz mit Frankreich zurückträten. Jede Idee einer Neutralität oder Bildung einer Coalition inmitten Europas mit dem Ziel, die allgemeine Ordnung zu wahren und die verschiedenen Interessen zu vereinigen, habe zur unumgänglichen Vorbedingung die allgemeine, formelle oder vertrauliche Erklärung des Wiener Hofes, in keinem Falle, ausgenommen, wenn er von den Alliirten angegriffen wird, Frankreich in einem zweiten Feldzug Hilfe zu leisten. Ohne die Erklärung, nicht mehr Verbündeter einer der beiden kriegführenden Mächte zu sein, ist jede Neutralität ein leerer Name.

Inzwischen hatte sich Knesebeck überzeugt, dass ein Waffenbündniss mit Oesterreich nicht zu erlangen war. Er arbeitete also mit Humboldt zusammen eine gemeinsame Note aus[1], in der ausgeführt wird: Oesterreich und Preussen seien vorzüglich an der Wiederherstellung des Gleichgewichts in Europa interessirt, und Deutschland scheine zur schönen Rolle berufen, es herzustellen. Allerdings seien Anstrengungen nöthig, um es zu erlangen. Um zu einem dauerhaften Frieden zu kommen, könne die Nothwendigkeit eintreten, einen Krieg zu führen, dessen Chancen nicht ohne Gefahren seien. Preussen sei aber entschlossen, wenn Oesterreich es unterstütze, sich den Gefahren eines Krieges auszusetzen. Sei der Kaiser seinerseits entschlossen, den kriegführenden Mächten seine bewaffnete Vermittlung anzubieten

  1. Oncken I, 148, 153. Er theilt sie nicht mit. Sie ist übrigens vom 18. Januar.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_125.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)