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sich für Russland zu erklären, würde dann Oesterreich diese Massregel mit günstigen Augen betrachten?

2. Kann Preussen sicher sein, dass Oesterreich, eingeweiht wie es ist in das System und die Grundsätze des Königs, nicht gegen Preussen handeln und die Streitkräfte nicht vermehren wird, welche es gegenwärtig gemäss dem Bündnissvertrag für Frankreich stellt?

Ehe die officiellen Antworten eingingen, sprach sich Humboldt über die Lage und die zu erwartende Entscheidung mehrfach aus. Er fürchtet, Oesterreich könne dahin kommen, Frankreich beträchtlichere Hilfsmittel zu gewähren, ja sich ganz auf dessen Seite zu stellen, obgleich ein Anzeichen einer Systemänderung nicht sichtbar sei[1]. Er erläutert diese Ansicht in vertraulichen Briefen an Hardenberg, in denen er zugleich Preussens Lage und das nothwendige Verhalten der Regierung vorzüglich darlegt[2]. Von Oesterreich erwartet er nicht viel. Es widerstrebt sogar den Ausdrücken médiateur und médiation als allzu schroff für seine bisherigen Schritte; es concentrirt Truppen, aber in Provinzen, wo sie unmöglich Frankreich bedrohen, oder etwa beide kriegführende Mächte auf einmal. Es taucht nicht der geringste Hoffnungsschimmer hier auf, dass es sich sogleich bereit erklären wird, mit den Waffen in der Hand an einem Plan mitzuwirken, um, wie es doch selbst für nöthig hält, Frankreich zu Opfern zu zwingen. Es verkündet noch nicht einmal positiv, dass es sein Hilfscorps zurückziehen und sich wirklich in den Stand einer neutralen Macht setzen will; es hat auch nie klar ausgesprochen, welche Grundlagen für den zukünftigen Frieden es für unumgänglich hält. Metternich äussert sogar, eine Macht könne neutral bleiben und nichtsdestoweniger einer der beiden kriegführenden ein Hilfscorps leisten, und bei der Schwierigkeit des maritimen Friedens und des Arrangements in Spanien könnte man sich vielleicht mit einem allgemeinen Frieden für den Continent begnügen. Also eine energische Intervention sei hier nicht zu erwarten; nur Zeit und Umstände könnten einen Wechsel herbeiführen. Oesterreich scheine Preussen zu unterschätzen, deshalb solle der König deutlich erklären, was zu

  1. Bericht vom 20. Januar 1813.
  2. An Hardenberg 21. Januar 1813.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_127.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2017)