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Franz die Kaiserkrone wohl nicht wieder annehmen. Natürlich aber fragt Humboldt beim Staatskanzler an[1]: „Will der König seine früheren Provinzen oder andere Arrangements? Wenn, wie ich positiv glaube, Deutschland ein Ganzes bilden muss, wie wird man darin den Einfluss Preussens und Oesterreichs gestalten? Die Theilung in Süd- und Norddeutschland, wie sie in Knesebeck’s Depeschen vorgeschlagen ist[2], hat die grosse Inconvenienz, in eine schädliche Opposition ausarten zu können“. Humboldt berührt hier sehr zeitig die Kernfrage der ganzen Preussischen Politik in der Folgezeit, eine Frage, die bald darauf auch Hardenberg auf’s lebhafteste beschäftigt[3], und an der beide gemeinsam viele und leider nutzlose Arbeit noch in Zukunft leisten sollten.

Am 28. Februar war der Vertrag von Kalisch abgeschlossen worden. Auf die Mittheilung davon schreibt Humboldt[4], er habe mit Freuden die vornehme, weise, gerechte und wahrhaft grosse Art gesehen, in der der Allianzvertrag redigirt sei. Er lege die Grundlage eines neuen politischen Systems in Europa, und wenn die Vorsehung die Sache der coalirten Mächte segne, die gewiss die gerechteste und beste sei, für die jemals Souveräne die Waffen ergriffen haben, werde Europa durch eine lange Ruhe, auf Gerechtigkeit und Billigkeit begründet, für die grausamen Leiden, denen es so lange ausgesetzt war, entschädigt werden; und dem Staatskanzler gratulirt er[5], ihm werde der Ruhm bleiben, Preussen wieder hergestellt zu haben. Gesandtschaftsberichte sind kein Ort für Gefühlsergüsse, und Humboldt nicht der Mann der letzteren, aber wenn man diese Aeusserungen mit der Aufnahme des Französischen Vertrags vom 24. Februar 1812 vergleicht, sieht man wohl, wohin sein Herz neigt. In diesen Märztagen erscheint ihm Oesterreichs Theilnahme am Kriege nahe bevorstehend[6]. Er schildert den tiefen Eindruck, den die Ereignisse in Breslau auf die Oesterreichische Regierung und die öffentliche Meinung machen[7]. „Es ist schwer zu schildern, mit welcher Theilnahme

  1. An Hardenberg den 27. Februar.
  2. Oncken I, 126.
  3. Oncken I, 323 ff.
  4. Bericht vom 12. Marz 1813.
  5. An Hardenberg 12. Marz 1813.
  6. Nous toucherons bientôt au dénouement que nous désirons. (An Hardenberg 18. März).
  7. Bericht vom 27. März, s. Oncken I, 303 f.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_133.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)