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einmal[1] als seine Absicht ausspricht, die richtige Mitte zwischen Skepticismus und Vertrauensseligkeit einzuhalten, so müssen wir gestehen, im ganzen neigte er mehr zum ersteren. Es lag das durchaus in seiner Natur begründet, die kühl, abwägend war, jedem Enthusiasmus fern; er war durchaus Verstandesmensch und liess nie das Gefühl den Verstand überwiegen[2].

Aus dieser persönlichen Art erklärt sich auch die merkwürdige Beurtheilung, die er fand.

Die Franzosenfreunde erkannten sehr wohl, dass er ihr Gegner sei: St. Marsan schrieb an Champagny (19. März 1811[3]): „Schladen und Humboldt werden zur Antifranzösischen Partei gerechnet“ und Fürst Hatzfeld schlägt in seiner Denkschrift vom 6. Januar 1812[4] vor, „Humboldt, den die Intrigue und die Secte dorthin gestellt haben, aus Wien abzurufen, um so eher, als er niemals mit Ueberzeugung sich dem neuen System anschliessen wird… Wenn man es für nothwendig halte, ihn zu bewahren, so könnte er für Petersburg ernannt werden, wo wir in Zukunft keine Gegenstände von grossem Interesse mehr zu behandeln haben werden.“ Dazu stimmen auch die oben angeführten Aeusserungen Bombelles’[5], als Humboldt nach Wien ging, und die Aeusserung Ompteda’s[6], jener sei durchaus nicht für die Französische Allianz. Andererseits scheint es, dass die Patrioten ihn auch nicht allzusehr zu den Ihrigen rechneten. Zwar sind keine Aeusserungen Scharnhorst’s und, wenigstens aus dieser Zeit, Gneisenau’s über ihn bekannt, und mit Stein stand er in freundlichstem Verhältniss, das zu keiner Zeit getrübt wurde, da Humboldt, ohne alle Schritte Stein’s zu billigen, stets mit innigster Verehrung zu dem grossen Manne emporsah, aber von Boyen besitzen wir eine Andeutung, für die sich allerdings nirgends sonst ein Beweis findet. Als er auf der Rückreise von Russland in Radzilow festgehalten wurde, schrieb er (31. Januar 1813) an Lord Walpole: „Ich habe Grund zu glauben, dass

  1. Siehe oben S. 132.
  2. Hippel äusserte über ihn: „Humboldt theilte mit allen Männern von grosser Geistesüberlegenheit, denen die Hingebung des Gemüths fehlt, die zur Liebenswürdigkeit wird, das Schicksal mehr gefürchtet als geliebt zu werden“. (Klose, Hardenberg S. 464.)
  3. Stern, Abhandlungen S. 323.
  4. Stern a. a. O. S. 381.
  5. Siehe oben S. 80–81.
  6. Siehe oben S. 114.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_151.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)