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Die „designirten“ principes schämen sich nicht, einem Gefolge anzugehören wie alle übrigen edlen jungen Leute. Wie aber diese Behauptung aus den Worten unserer Stelle folgen soll, ist unerfindlich. Denn etwa dies zu folgern aus „robustioribus ac jam pridem probatis aggregantur“, ist unmöglich. Worauf Ribbeck seine Ansicht stützt, ist nicht zu erklären. Sie läuft darauf hinaus, dass die jungen edlen Leute sämmtlich Gefolgsleute sind, selbst die „designirten“ principes, während die alten edlen Leute muthmasslich sämmtlich Fürsten sind! Wie unhaltbar diese Meinung ist, ergibt sich zur Genüge von selbst aus dem eben Gesagten, und es wird sich erübrigen, auf das ihr entgegenstehende Argument in cap. 13. Germ. Tac. – electorum juvenum globo circumdari – hinzuweisen.

Aus allen diesen Gründen ist die von Ribbeck vorgeschlagene Aenderung des Textes unzulässig.

Kurz erwähnt werden mag schliesslich auch die Ansicht Richter’s, welcher eine noch einschneidendere Aenderung als Ribbeck mit dem Text der Germania vornimmt. Er scheidet den ganzen Satz „Insignis nobilitas – – – assignant“ aus cap. 13 aus, weil diese kurze Bemerkung über Erlangung der Fürstenwürde zwischen der Schilderung der Wehrhaftmachung und der des Gefolgschaftswesens nur störend wirke, und setzt denselben an das Ende des cap. 12[1].

Die Richter’sche Ansicht findet jedoch auch durch keine einzige Handschrift Unterstützung; sie ist unhaltbar, weil die Umstellung der Sätze eine ganz willkürliche ist und weil trotzdem nicht einmal ein einwandfreier Text geschaffen wird. Von anderer Seite ist dies bereits ausführlich dargelegt worden. Ein näheres Eingehen hierauf erübrigt sich demnach[2].

Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass es unmöglich ist, dignatio principis hier im passiven Sinn zu übersetzen, sowie ferner, dass selbst Conjecturen im Text die Sachlage nicht zu bessern im Stande gewesen sind. Es mag nunmehr der dritte Weg, die Stelle zu erklären, erörtert werden,

  1. Richter a. a. O. S. 230–238.
  2. Vgl. Baumstark, Urdeutsche Staatsalterthümer (Berlin 1873) S. 613–616. – Sohm, Fränk. Reichs- und Gerichtsverfassung (Weimar 1871) S. 556 Anm. 29.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_320.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)