Seite:De DZfG 1895 12 338.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Die Möglichkeit, auf solche Weise die Stelle auszulegen, ist aber schlechterdings von der Hand zu weisen, da derartige zweigliederige Volkshäupter wohl doch nicht in Wirklichkeit denkbar sind.

In dem princeps des cap. 13 eine Privatperson, einen privaten Gefolgsführer zu sehen, darin wird man auch durch den Umstand bestärkt, dass sich als Umschreibung für dieses Wort der Ausdruck: is quem sectantur findet. Wenig passend würde dieser Ausdruck für die Obrigkeit, für den Gaugrafen sein.

Nachdem auf diese Weise die eigentliche Kernfrage der Stelle ihre Erledigung gefunden hat, bleibt es noch übrig, zur Vervollständigung der Interpretation den Schlusssatz kurz zu beleuchten.

Tacitus sagt hier: Gradus quin etiam ipse comitatus habet judicio ejus quem sectantur.

Der Gedanke dieses Satzes ist der, dass das Urtheil des princeps massgebend ist für die Stellung, welche der einzelne comes im Gefolge einnahm. Die „Rangstufen“ im Gefolge richten sich nach dem Platz, der dem Einzelnen vom Gefolgsherrn zugewiesen wurde. Letzterer zog die tüchtigsten Männer in seine unmittelbare Umgebung, und das Streben eines Jeden war darauf gerichtet, sich möglichst auszuzeichnen und so einen Ehrenplatz bei dem princeps zu erringen. Dies geht aus den sich eng an den obigen Satz anschliessenden Worten hervor: magnaque et comitum aemulatio, quibus primus apud principem suus locus.

Baumstark dagegen will in judicium „kein blosses Meinen sehen, sondern eine ausgesprochene Entscheidung, die dem Gefolgsführer vertragsmässig rechtlich zusteht[1]“.

Doch legt er da wohl mehr in das „judicio ejus quem sectantur“ hinein, als Tacitus gemeint hat. Denn ein vertragsmässig dem princeps zustehendes Recht kann man nicht aus den von Tacitus gewählten Worten herausinterpretiren.

Manche wollen nun mit Rücksicht auf das vorher Gesagte aus dem „gradus quin etiam ipse comitatus habet“ auch noch herauslesen, dass damit angedeutet werde, ein solcher adolescentulus, der auf Grund seiner insignis nobilitas oder der magna

  1. Baumstark, Uralte Staatsalthh. S. 587.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_338.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2023)