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ersten Fall mit einer Falle, die auf einen, vom Wild häufig besuchten Weg gelegt ist, aber ohne Köder.

Dasz die Drüsen die Kraft der Aufsaugung besitzen, wird dadurch bewiesen, dasz sie beinahe augenblicklich dunkelfarbig werden, wenn man ihnen eine kleine Quantität kohlensaures Ammoniak gibt; die Farbenveränderung ist hauptsächlich oder ausschlieszlich Folge der rapiden Zusammenballung ihres Inhalts. Wenn gewisse andere Flüssigkeiten dazu gethan werden, so werden sie blasz gefärbt. Ihr Absorptionsvermögen zeigt sich jedoch am Besten in den verschiedenen Resultaten, welche sich ergeben, wenn man Tropfen verschiedener stickstoffhaltiger und nicht stickstoffhaltiger Flüssigkeiten, von derselben Dichte auf die Drüsen der Scheibe, oder auf eine einzige Drüse bringt; ebenso auch durch die sehr verschiedene Länge der Zeit, während welcher die Tentakeln über den Gegenständen, welche lösliche stickstoffhaltige Substanzen darbieten, oder nicht enthalten, gebogen bleiben. Dieser selbe Schlusz könnte in der That auch aus der Structur und den Bewegungen der Blätter, welche so bewunderungswürdig zum Fangen der Insecten eingerichtet sind, gezogen werden.

Die Aufsaugung animaler Substanz aus den gefangenen Insecten erklärt es, wie die Drosera in auszerordentlich armem torfigen Boden gedeihen kann, in einigen Fällen da, wo nichts als Sphagnum-Moos wächst; und Moose hängen überhaupt in Bezug auf ihre Nahrung nur von der Atmosphäre ab. Obgleich die Blätter auf einen flüchtigen Blick nicht grün erscheinen, was eine Folge der purpurnen Färbung der Tentakeln ist, so enthalten doch die obere und untere Fläche der Scheibe, die Stiele der mittleren Tentakeln und die Blattstiele Chlorophyll, so dasz die Pflanze ohne Zweifel von der Luft Kohlensäure aufnimmt und assimilirt. Demohngeachtet würde, wenn man die Art des Bodens bedenkt, worauf sie wächst, die Zufuhr von Stickstoff auszerordentlich beschränkt, oder ganz ungenügend sein, wenn die Pflanze nicht die Fähigkeit hätte, dieses wichtige Element aus den gefangnen Insecten zu entnehmen. Wir können hiernach verstehen, wie es kommt, dass die Wurzeln so dürftig entwickelt sind. Diese bestehen gewöhnlich aus nur zwei oder drei leicht getheilten Zweigen, von einem halben bis einen Zoll Länge, welche mit aufsaugenden Haaren ausgestattet sind. Danach scheint es, als ob die Wurzeln nur zum Aufsaugen von Wasser dienten; obgleich, wenn solche sich im Boden fände, sie ohne Zweifel auch nährbare Substanz aufsaugen würden;

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_015.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)