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der Basis der Zelle 1 eine kleine Masse auf einem kurzen Stiel und eine gröszere Masse nahe dem oberen Ende vorhanden, und diese beiden

Fig. 8. (Drosera rotundifolia) Schematische Darstellung einer und derselben Zelle, die verschiedenen, auf einander folgenden, von den zusammengeballten Protoplasma-Massen angenommenen Formen zeigend


schienen ganz getrennt zu sein. Demohngeachtet könnten sie durch einen feinen und unsichtbaren Faden von Protoplasma verbunden gewesen sein; denn bei zwei andern Gelegenheiten war ich im Stande, während die eine Masse schnell wuchs und eine andere Masse in derselben Zelle schnell abnahm, durch Veränderung des Lichtes und den Gebrauch einer starken Vergröszerung einen verbindenden Faden von äuszerster Zartheit zu entdecken, welcher augenscheinlich als Verkehrscanal zwischen den Beiden diente. Auf der andern Seite sieht man manchmal, dasz solche verbindenden Fäden reiszen und ihre Enden werden dann schnell keulenförmig. Die andern Skizzen in Fig. 8 zeigen die Formen, welche das Protoplasma nach einander annahm.

Bald nachdem die purpurne Flüssigkeit in den Zellen zusammengeballt worden ist, schwimmen die kleinen Massen in einer farblosen oder beinahe farblosen Flüssigkeit umher und die Schicht weiszen körnigen Protoplasmas, welche entlang den Wänden flieszt, kann nun viel deutlicher gesehen werden. Der Strom flieszt mit unregelmäsziger Schnelligkeit die eine Wand hinauf und die andere wieder hinunter, gewöhnlich in langsamerem Tempo über die schmalen Enden der verlängerten Zellen, und so immer fort rund um. Aber der Strom hört manchmal auf. Die Bewegung ist oft in Wellen und ihre Gipfel strecken sich manchmal beinahe über die ganze Breite der Zelle, und sinken dann wieder nieder. Kleine Kugeln von Protoplasma, augenscheinlich ganz frei, werden oft durch den Strom in den Zellen umher getrieben; an die centralen Massen geheftete Filamente werden hin und her geschwungen, als ob sie zu entfliehen suchten. Alles zusammen genommen bietet eine dieser Zellen, mit den sich immer verändernden centralen Massen und mit der den Wänden entlang flieszenden Schicht von Protoplasma, ein wunderbares Bild einer lebendigen Thätigkeit dar.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_036.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)