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sie in kaltem Wasser liegen gelassen wurden, unfähig, sich wieder auszubreiten. Werden die Blätter wenige Minuten einer Temperatur von 62,7°C. (145°F.) ausgesetzt, so verursacht dies zuweilen an einigen der empfindlicheren Drüsen ein Geflecktwerden mit dem porzellanartigen Aussehen; und bei einer Gelegenheit kam dies bei einer Temperatur von 60° C. (140° F.) vor. Bei einer andern Gelegenheit wurde, als ein Blatt in Wasser von dieser Temperatur von nur 60°C. (140°F.) gelegt und darin liegen gelassen wurde, bis das Wasser abgekühlt war, jede einzelne Drüse wie Porzellan. Werden Blätter wenige Minuten lang einer Temperatur von 65,5°C. (150°F.) ausgesetzt, so tritt meist diese Wirkung ein, doch behalten viele Drüsen eine rosa Färbung und viele bieten ein geflecktes Aussehen dar. Diese hohe Temperatur verursacht niemals echte Einbiegung; im Gegentheil werden die Tentakeln gewöhnlich zurückgebogen, wenn schon in einem geringeren Grade, als wenn sie in kochendes Wasser getaucht werden; und dies ist augenscheinlich Folge ihrer passiven Elasticität. Waren die Blätter einer Temperatur von 65,5°C. (150°F.) ausgesetzt, so wird das Protoplasma, wenn es nachher der Einwirkung des kohlensauren Ammoniaks ausgesetzt wird, in zersetzte oder breiige entfärbte Masse verwandelt. Kurz, die Blätter werden meistens durch diesen Wärmegrad getödtet; aber in Folge von Verschiedenheiten in Alter oder Constitution variiren sie etwas in dieser Beziehung. In einem anomalen Falle entgiengen vier unter den vielen Drüsen eines Blattes, welches in, auf 68,8° C. (156° F.) erhitztes Wasser eingetaucht worden war, der Verwandlung in porzellanartige Masse[1]; und das Protoplasma in den Zellen dicht unter diesen Drüsen zeigte einen unbedeutenden und auch unvollkommenen Grad von Zusammenballung.

Endlich ist es eine merkwürdige Thatsache, dasz die Blätter von Drosera rotundifolia, welche auf kalten Hochlandmooren durch ganz Grosz-Britanien gedeiht und (nach Hooker) innerhalb des Polarkreises existirt, im Stande sind, selbst für eine kurze Zeit einem Eintauchen

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_065.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)



  1. Da die Undurchsichtigkeit und das porzellanartige Aussehen der Drüsen wahrscheinlich eine Folge der Gerinnung des Eiweiszes ist, so will ich noch nach der Autorität der Dr. Burdon Sanderson hinzufügen, dasz Eiweisz ungefähr bei 68,3° C. (155° F.) coagulirt, dasz aber bei Anwesenheit von Säuren der Grad des Eintritts der Gerinnung niedriger liegt. Die Blätter der Drosera enthalten eine Säure und vielleicht dürfte eine Verschiedenheit in der Menge derselben die unbedeutenden Verschiedenheiten in den oben mitgetheilten Resultaten erklären.