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Die meisten Säuren, welche versucht wurden, wirkten, obschon sie sehr verdünnt (ein Theil auf 437 Theile Wasser) und in kleinen Dosen gegeben wurden, kräftig auf Drosera ein; neunzehn von den vierundzwanzig veranlaszten die Tentakeln sich mehr oder weniger einzubiegen. Die meisten von ihnen, selbst die organischen Säuren, sind giftig, häufig in hohem Grade; und dies ist merkwürdig, da die Säfte von so vielen Pflanzen Säuren enthalten. Benzoesäure, welche für Thiere unschädlich ist, scheint für Thiere so giftig zu sein wie Blausäure. Auf der andern Seite ist Salzsäure weder für Thiere noch für Drosera giftig und führt nur einen mäszigen Grad von Einbiegung herbei. Viele Säuren reizen die Drüsen so, dasz sie eine auszerordentliche Menge von Schleim absondern; das Protoplasma innerhalb ihrer Zellen scheint oft getödtet zu werden, wie man daraus schlieszen kann, dasz die umgebende Flüssigkeit bald rosa wird. Es ist fremdartig, dasz verwandte Säuren sehr verschieden von einander wirken: Ameisensäure bewirkt nur sehr unbedeutende Einbiegung und ist nicht giftig, während Essigsäure von derselben Stärke äuszerst kräftig wirkt und giftig ist. Milchsäure ist gleichfalls giftig, verursacht indesz Einbiegung nur nach Verlauf beträchtlicher Zeit. Äpfelsäure wirkt unbedeutend, während Citronen- und Weinsteinsäure gar keine Wirkung hervorbringen.

Im neunten Capitel wurden die Wirkungen der Absorption verschiedener Alkaloide und gewisser anderer Substanzen beschrieben. Obgleich einige derselben giftig sind, so können wir doch, da mehrere derselben, welche auf das Nervensystem von Thieren mächtig einwirken, auf Drosera keine Wirkung hervorbringen, schlieszen, dasz die äuszerste Empfindlichkeit der Drüsen und ihre Fähigkeit, einen, Bewegung oder modificirte Absonderung oder Zusammenballung verursachenden Einflusz andern Theilen des Blattes zu übermitteln, nicht von dem Vorhandensein eines verbreiteten, dem Nervengewebe verwandten Elements abhängt. Eine der merkwürdigsten Thatsachen ist die, dasz langes Eintauchen in das Gift der Cobra-Schlange die freiwilligen Bewegungen des Protoplasma in den Zellen der Tentakeln nicht aufhält, sondern eher noch reizt. Lösungen verschiedeger Salze und Säuren verhalten sich sehr verschieden in Bezug auf das Verzögern oder vollständige Unterbrechen der spätern Einwirkung einer Lösung von phosphorsaurem Ammoniak. In Wasser aufgelöster Campher wirkt als ein Reizmittel, wie es auch kleine Dosen gewisser ätherischer

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)