Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 294.jpg

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aber als es dann nach 23 Stunden 20 Minuten wieder untersucht wurde, enthielten die äuszeren Zellen der Drüsen, anstatt einer durchsichtigen Flüssigkeit, kuglige Massen von körniger Substanz, welche bewiesen, dasz Substanz aus dem Aufgusz aufgesaugt worden war. Dasz diese Drüsen eine Flüssigkeit absondern, welche thierische Substanz aus den Körpern der Geschöpfe, welche die Blätter fangen, auflöst oder verdaut, ist auch durch die Analogie der Dionaea höchst wahrscheinlich. Wenn wir derselben Analogie vertrauen dürfen, so schlieszen sich wahrscheinlich die concaven und inneren Theile der Lappen durch eine langsame Bewegung, sobald die Drüsen eine geringe Menge von schon löslicher thierischer Substanz aufgesaugt haben. Das eingeschlossene Wasser würde so heraus gedrückt werden und das Secret folglich nicht zu verdünnt zum Einwirken sein. In Bezug auf die viertheiligen Fortsätze an den äuszeren Theilen der Lappen war ich nicht im Stande zu entscheiden, ob der Aufgusz auf sie eingewirkt hatte; denn die Auskleidung von Protoplasma war etwas eingeschrumpft, ehe sie eingetaucht wurden. Bei vielen der Spitzen auf den umgebogenen Rändern war das auskleidende Protoplasma gleichfalls eingeschrumpft, und enthielt kuglige Körner von hyaliner Substanz.

Eine Lösung von Harnstoff wurde zunächst angewendet. Diese Substanz wurde zum Theil mit deshalb gewählt, weil sie von den Drüsen der Utricuraria – einer Pflanze, welche, wie wir später sehen werden, sich von zerfallener thierischer Substanz nährt, absorbirt wird. Da der Harnstoff eines der letzten Producte der chemischen im lebenden Körper vor sich gehenden Verwandlungen ist, so scheint er dazu passend zu sein, die ersten Stadien des Zerfallens des todten Körpers darzustellen. Ich wurde auch noch durch eine sonderbare kleine Thatsache, die Prof. Cohn erwähnt, darauf geführt, den Harnstoff zu versuchen, nämlich dasz, wenn ziemlich grosze Kruster zwischen den sich schlieszenden Lappen gefangen werden, sie während ihres Entkommens so stark gedrückt werden, dasz sie oft ihre wurstförmigen Excremente ausleeren, welche in den meisten der Blätter gefunden wurden. Diese Massen enthalten ohne Zweifel Harnstoff. Sie werden entweder auf den breiten äuszeren Flächentheilen der Lappen, wo die viertheiligen Fortsätze sitzen, oder in der geschlossenen Concavität gelassen. In dem letzteren Fall wird mit excrementitieller und verwesender Substanz getränktes Wasser langsam nach auszen gepreszt und die viertheiligen

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_294.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)