Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 301.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Blätter entspringen aus einer beinahe holzigen Achse; sie sind linear, nach der Spitze zu bedeutend verschmälert und mehrere Zoll lang. Die obere Fläche ist concav, die untere convex, mit einem schmalen Canal der Mitte entlang. Beide Flächen sind, mit Ausnahme des Canals, mit Drüsen bedeckt, welche auf Stielen stehn und in unregelmäszigen Längsreihen angeordnet sind. Ich werde diese Organe wegen ihrer groszen Ähnlichkeit mit denen der Drosera Tentakeln nennen, obgleich sie kein Bewegungsvermögen besitzen. An einem und demselben Blatte sind sie in der Länge sehr verschieden. Auch weichen die Drüsen der Grösze nach von einander ab und sind von einer hell rosa oder purpurnen Färbung; ihre obere Fläche ist convex und ihre untere eben oder selbst concav, so dasz sie dem Aussehen nach Pilzen in Miniatur ähnlich sind. Sie werden aus (wie ich glaube) zwei Schichten zarter eckiger Zellen gebildet, welche acht oder zehn gröszere Zellen mit dickeren Zickzackwandungen einschlieszen. Innerhalb dieser groszen Zellen finden sich andere durch Spirallinien ausgezeichnete und allem Anscheine nach mit den Spiralgefäszen zusammenhängende, welche in den grünen vielzelligen Stielen hinauflaufen. Die Drüsen sondern grosze Tropfen eines klebrigen Secrets ab. Andere Drüsen von demselben allgemeinen Aussehen finden sich an den Blüthenstielen und dem Kelch.

Auszer den Drüsen, welche auf längeren oder kürzeren Stielen stehn, finden sich noch zahlreiche andere sowohl auf der obern als der untern Fläche der Blätter, welche so klein sind, dasz sie für das blosze Auge kaum sichtbar sind. Sie sind farblos und beinahe ganz sitzend, entweder kreisförmig oder oval im Umrisz: die letztere Form kommt vorzüglich auf dem Rücken der Blätter vor

Fig. 14. (Drosophyllum lusitanicum). Theil eines Blattes, siebenmal vergröszert, die untere Fläche darbietend

. Im Innern haben sie genau dieselbe Structur, wie die groszen auf Stielen getragenen Drüsen, und beide Formen gehen allerdings beinahe in einander über. Die aufsitzenden Drüsen weichen aber in einer wichtigen Beziehung von den andern ab: sie sondern nämlich niemals aus freien Stücken ab, so weit ich es gesehen habe, trotzdem ich sie an einem heiszen Tage unter einer starker Vergröszerung untersucht habe, während die auf den Stielen reichlich absonderten.

Wenn aber kleine Stückchen feuchten Albumins oder Fibrins auf diese sitzenden

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_301.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)