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andern Zwecke absondern, und doch das Vermögen zu absorbiren haben könnten. Ich bedaure, dasz ich in den folgenden Fällen nicht versucht habe, ob das Secret animale Substanz verdauen oder löslich machen kann; derartige Versuche würden aber wegen der geringen Grösze der Drüsen und der geringen Menge Secret schwierig gewesen sein. Wir werden im nächsten Capitel sehen, dasz das Secret von den drüsigen Haaren der Pinguicula sicher animale Substanz auflöst.

Saxifraga umbrosa. – Die Blüthenstengel und Blattstiele sind mit kurzen Haaren bekleidet, welche rosa gefärbte Drüsen tragen, die aus mehreren polygonalen Zellen gebildet sind und deren Stiele durch Scheidewände in einzelnen Zellen abgetheilt sind; diese sind meistens farblos, aber zuweilen rosa. Die Drüsen sondern eine gelbliche klebrige Flüssigkeit ab, mit welcher zuweilen, wennschon nicht häufig, sehr kleine Diptern gefangen werden [1]. Die Zellen der Drüsen enthalten hell rosa Flüssigkeit, welche mit Körnchen oder kugligen Massen blaszröthlicher breiiger Substanz dicht erfüllt ist. Diese Substanz musz Protoplasma sein; denn wenn eine Drüse in einen Tropfen Wasser gelegt und untersucht wird, sieht man dieselbe langsame aber unaufhörliche Formveränderungen erleiden. Ähnliche Bewegungen wurden beobachtet, nachdem Drüsen 1, 3, 5, 18 und 27 Stunden lang im Wasser liegen gelassen worden waren. Selbst nach dem letzterwähnten Zeitraum behielten die Drüsen ihre helle rosa Färbung, und das Protoplasma innerhalb ihrer Zellen erschien nicht so, als sei es noch weiter zusammengeballt worden. Die beständig sich ändernden Formen der kleinen Protoplasmamassen sind nicht Folge einer Absorption von Wasser, da sie an trocken gehaltenen Drüsen gesehen wurden.

Ein noch mit der Pflanze zusammenhängender Blüthenstengel wurde (29. Mai) so gebogen, dasz er 23 Stunden 30 Minuten in einem starken Aufgusz von rohem Fleisch eingetaucht blieb. Die Farbe des Inhalts der Drüsen war unbedeutend verändert, indem er jetzt von einem trüberen und mehr purpurartigen Farbenton war wie vorher. Auch erschien der Zelleninhalt mehr zusammengeballt, denn die Zwischenräume zwischen den kleinen Protoplasma-Massen waren weiter; das letztere Resultat trat aber in einigen anderen und ähnlichen Experimenten nicht ein. Die Massen schienen ihre Form rapider zu verändern als die in Wasser, so dasz die Zellen alle 4 oder 5 Minuten eine andere Erscheinung darboten. Länglich ausgezogene Massen wurden im Laufe von 1 oder 2 Minuten sphärisch, und sphärische zogen sich aus und vereinigten sich mit andern. Minutiöse Massen nahmen rapid an Grösze zu und es wurde beobachtet, wie sich drei verschiedene zu einer vereinigten. Kurz, die Bewegungen waren genau gleich denen, welche bei der Drosera beschrieben wurden.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_312.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. In Bezug auf Saxifraga tridactylites sagt Druce (Pharmaceutical Journal. May, 1875), dasz er einige Dutzend Pflanzen untersucht und beinahe in jedem einzelnen Falle Reste von Insecten an den Blättern hängend gefunden habe. Dies ist auch, wie ich von einem Freunde höre, mit dieser Pflanze in Irland der Fall