Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 335.jpg

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Experimente, welche angestellt wurden, im Detail anführen und dann einige Schluszbemerkungen machen.

1. Versuch. – Ein junges und beinahe aufrecht stehendes Blatt wurde ausgewählt, dessen beide seitlichen Blätter gleichmäszig und sehr unbedeutend einwärts gekrümmt waren. Eine Reihe kleiner Fliegen wurde dem einen Rande entlang auf das Blatt gelegt. Als es am andern Tage angesehen wurde, nach 15 Stunden, fand sich, dasz dieser Rand, aber nicht der andere, nach innen gefaltet war, wie der Rand des menschlieben Ohres, und zwar in einer Breite von 1/10 Zoll, so dasz er zum Theil auf der Reihe Fliegen drauf lag

Fig. 15. (Pingula vulgaris.)
Umriszzeichnung eines Blattes, dessen linker Rand über eine Reihe Fliegen eingebogen ist.

. Die Drüsen, auf denen die Fliegen lagen, ebenso wie diejenigen auf dem sich einfaltenden Randstück, welche mit den Fliegen in Berührung gebracht worden waren, sonderten sämmtlich reichlich ab.

2. Versuch. – Eine Reihe von Fliegen wurde auf den einen Rand eines etwas alten Blattes gebracht, welches platt auf dem Boden lag; in diesem Falle hatte sich der Rand nach Verlauf einer gleich langen Zeit, nämlich nach 15 Stunden, eben erst nach innen einzurollen begonnen; es war aber so viel Secret ergossen worden, dasz die löffelförmige Spitze des Blattes damit angefüllt war.
3. Versuch. – Stücke einer groszen Fliege wurden nahe der Spitze auf ein kräftiges Blatt gelegt, ebenso der Hälfte des einen Randes entlang. Nach 2 Stunden 20 Minuten war eine entschiedene Einwärtskrümmung eingetreten, welche während des Nachmittags noch ein wenig zunahm, aber sich am folgenden Morgen noch in demselben Zustande befand. In der Nähe der Blattspitze waren beide Ränder nach innen gebogen. Ich habe niemals einen Fall gesehen, wo sich die Spitze selbst auch nur im geringsten gegen die Basis des Blattes zu gekrümmt hätte. Nach 48 Stunden (immer von der Zeit an gerechnet, wo die Fliegen zuerst auf das Blatt gelegt wurden) hatte der Rand überall angefangen, sich wieder zu entfalten.
4. Versuch. – Ein groszes Stück einer Fliege wurde in der Mittellinie etwas unterhalb der Spitze auf ein Blatt gelegt. In 3 Stunden waren beide seitlichen Ränder wahrnehmbar, und nach 4 Stunden 20 Minuten bis zu einem solchen Grade einwärts gekrümmt, dasz das Stück von beiden Rändern umfaszt wurde. Nach 24 Stunden wurden die beiden eingefalteten Ränder in der Nähe der Spitze (denn der untere Theil des Blattes war durchaus nicht afficirt) gemessen; es fand sich, dasz sie 0,11 Zoll (2,795 Mm.) auseinander standen. Die Fliege wurde nun entfernt und ein Wasserstrom über das Blatt gegossen, um die Oberfläche zu waschen; nach 24 Stunden standen die Ränder 0,25 Zoll (6,349 Mm.) auseinander, so dasz sie also bedeutend entfaltet waren. Nach Verlauf von weiteren 24 Stunden waren sie vollständig wieder ausgebreitet. Nun wurde eine andere Fliege auf dieselbe Stelle gelegt, um zu sehen, ob sich das Blatt, auf welchem eine erste Fliege 24 Stunden gelegen

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_335.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)