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wurden auf den Rand eines Blattes gelegt. Diese regten eine so beträchtliche Absonderung an, dasz in 1 Stunde 22 Minuten alle drei Tropfen zusammenflossen; obgleich aber das Blatt 24 Stunden lang beobachtet wurde, trat doch keine Spur von Einbiegung ein. Wir wissen, dasz eine ziemlich starke Lösung dieses Salzes, wenngleich sie die Blätter der Drosera nicht verletzt, ihr Bewegungsvermögen lähmt, und ich zweifle nach diesem und dem folgenden Falle nicht daran, dasz dies auch für Pinguicula gilt.

15. Versuch. – Eine Reihe Tropfen einer Lösung von einem Theile kohlensauren Ammoniaks auf 875 Theile Wasser (1 Gran auf 2 Unzen) wurde auf den Rand eines Blattes gebracht. In 1 Stunde war augenscheinlich eine unbedeutende Einwärtskrümmung da, und in 3 Stunden 30 Minuten war dieselbe gut ausgesprochen. Nach 24 Stunden war der Rand beinahe vollständig wieder ausgebreitet.

16. Versuch. Eine Reihe groszer Tropfen einer Lösung von einem Theile phosphorsauren Ammoniaks auf 4375 Theile Wasser (1 Gran auf 10 Unzen) wurde dem Rande eines Blattes entlang gelegt. Es trat keine Wirkung ein, und nach 8 Stunden wurden demselben Rande entlang frische Tropfen hinzugesetzt, aber ohne den mindesten Erfolg. Wir wissen, dasz eine Lösung dieser Stärke kräftig auf Drosera einwirkt, und es ist eben möglich, dasz die Lösung zu stark war. Ich bedaure, dasz ich nicht eine schwächere Lösung versucht habe.

17. Versuch. – Da der Druck kleiner Glasstückchen Einwärtskrümmung verursacht, so kratzte ich die Ränder zweier Blätter einige Minuten lang mit einer stumpfen Nadel; es wurde aber keine Wirkung hervorgerufen. Die Oberfläche eines Blattes unterhalb eines Tropfens eines starken Aufgusses von rohem Fleisch wurde gleichfalls 10 Minuten lang mit dem Ende einer Borste gerieben, um die sträubenden Bewegungen eines Insects nachzuahmen; es bog sich aber dieser Theil des Blattrandes nicht eher als die anderen Stellen, auf denen die Aufgusztropfen ungestört gelassen wurden.

Aus den vorstehend mitgetheilten Versuchen sehen wir, dasz die Ränder der Blätter sich nach innen rollen, wenn sie durch den bloszen Druck von Gegenständen, welche keinerlei Substanz abgeben, gereizt werden, wenn sie durch Gegenstände, welche solche Substanz darbieten, und wenn sie durch einige Flüssigkeiten gereizt werden, nämlich durch einen Aufgusz von rohem Fleisch und eine schwache Auflösung von kohlensaurem Ammoniak. Eine stärkere Lösung von zwei Gran dieses Salzes auf eine Unze Wasser regt zwar eine reichliche Absonderung an, aber paralysirt das Blatt. Tropfen von Wasser oder von einer Zucker- oder Gummilösung verursachten keinerlei Bewegung. Ein einige Minuten anhaltendes Kratzen der Oberfläche des Blattes brachte keine Wirkung hervor. Es regen daher, so viel wir bis jetzt wissen, nur zwei Ursachen Bewegung an, – nämlich leichter fortdauernder Druck und die Absorption stickstoffhaltiger Substanz.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)