Seite:De Der Mord an der Jungfrau Barres Maurice.djvu/7

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»Immerfort träumst du doch, Amaryllis. Deine Träume verderben dir die Freude am Leben. Lächle lieber, du meine liebe Lydierin, und zu deinem Munde werden die einen kommen und an deinem Kuß zerbrechen, die andern kommen und ihre letzten Täuschungen loswerden. Raub’ du die Stunde aus, die gegenwärtig ist, leb’ an den Liebesbränden der Jüngsten und an den Freundschaftsfeuern derer, die wollustmüde geworden sind - und laß die Jungfrau vom Serapeum sich von Vergangenem nähren!«

Und er beugte sich und hielt die Hand der Amaryllis in seinen Händen. Aber Amaryllis fing an zu weinen:

»Bei unseren Lüsten, die dir noch gegenwärtig sind, bei deiner Liebe, die du zu meinen kleinen Grübchen empfandest, bei dem Haß, mit dem du die Christen hassest, die mich nicht mögen, bei meinem Weinen, das mich wieder häßlich machen wird, Lucius - Lucius, bring mich zu der Athene!«

Der junge Mann hielt sie mit seinen Armen auf und kniete vor ihr:

»Du bist dazu ausersehen,« sagte er, »daß du einen gesunden und schönen Leib trägst. Wer möchte den öffnen und die Gedanken in ihn einlassen, die doch alles entstellen!«

Indes, da sie nicht aufhörte zu jammern, und

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Maurice Barrès, Übersetzung: Heinrich Lautensack: Der Mord an der Jungfrau. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Der_Mord_an_der_Jungfrau_Barres_Maurice.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)