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Vaters kam ihm neben diesem, wie ein schlechtes Bauernhaus vor; Alles war Gold, Silber und Edelgestein und ein Zimmer immer schöner, als das andere. In dem allerschönsten Saal aber stand ein Himmelbett mit geschlossenen Vorhängen von Sammet mit prächtigen Stickereien; vor dem Bette lagen auf einem kristallenen Tisch eine goldne Krone, eine goldne Kette, Ohrringe von Diamanten und Armbänder und am Boden standen zwei Frauenschuhe von gestickter Seide. Neugierig trat er leise, leise hinzu und schob die Vorhänge ein wenig zurück und siehe, da lag das schönste Mädchen von der Welt vor ihm. Er küßte sie erst leise, dann kühner, er nahm sie in seine Arme, herzte und drückte sie an sich und betrachtete sie mit wonnelachenden Augen, aber sie schlief so fest, daß sie nicht erwachte. Da war ihm mit einemmale, als hörte er das graue Männchen seinen Namen rufen und es fiel ihm ein, daß es die höchste Zeit sei, zu eilen, wenn er nicht in den Berg gesperrt sein wollte. Rasch erhob er sich, nahm die goldne Kette von dem Kristalltischchen als Andenken und Wahrzeichen und lief so schnell er konnte aus dem Schlosse; kaum war er draußen, da krachte es abermals und der Berg sprang wieder zu, so daß man keine Spur mehr von dem Schlosse sah.

Draußen vor dem Berge wartete das graue Männchen schon auf ihn. „Das war Zeit,“ sprach es, „du hast viel gewagt, aber nun geht Alles gut, nur mußt du meinem Rathe weiter folgen.“ Der Jüngling versprach in seiner Freude Alles. „Geh nun geraden Weges nach Hause,“ fuhr das Männchen fort „und gib wohl Acht, was ich dir sage: Sieh dich nicht zu viel um, kaufe

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_058.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)