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Schätze von Gold, Silber und Edelgestein, Kleidern, Waffen und andern Dingen. Diese schenkten sie dem Kloster, welches in der Nähe am Saume des Waldes lag und die alte Frau folgte den Schätzen in das Kloster, denn sie wollte nichts mehr von der Welt wissen. Der Schuster nahm nur so viel Gold für sich, als in seine Taschen ging, der Jäger wollte aber nichts anrühren.

Jetzt gingen die beiden Gesellen weiter und kamen gegen Abend vor der Hauptstadt an. Da die Thore schon geschlossen waren, kehrten sie im nächsten Dorfe in einer kleinen Herberge ein. Als der Schuster am andern Morgen aufwachte und seinen Reisegefährten wecken wollte, war der durchgegangen und hatte nicht einmal seine Zeche bezahlt. „Es ist gut, daß ich den Kerl los bin“ dachte der Schuster, zahlte den Wirth und ging rüstig weiter der Stadt zu.

Am Thor trat die Wache vor ihm in's Gewehr und der Offizier rief: „Präsentirt's Gewehr!“ „Der hat wohl frühe schon zu tief in's Glas geguckt,“ sprach der Schuster für sich und ging weiter auf das Schloß des Königs zu. Da sprang die Wache heraus, stellte sich in Reih' und Glied und der Offizier kommandirte: „Präsentirt's Gewehr!“ Er ging auf den Offizier zu und sprach verwundert: „Was macht ihr denn für dummes Zeug, ich bin ja ein Schuster meines Handwerks und möchte wissen, ob ich beim König in Dienst treten kann.“ „Ich will eure Exzellenz zu seiner Majestät führen,“ sprach der Offizier und der Schuster schüttelte den Kopf, zuckte die Achseln und dachte: „Sind die Soldaten denn alle verrückt geworden?“

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_070.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)