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Zudem finde ich hier mein Glück nicht, darum muß ich es anderswo suchen und will nächstens mit einem Schiffe gegen die Seeräuber ziehen.“ „Thue das nicht,“ sprach der Jüngste, „du weißt doch wohl, daß wir unserm Bruder versprochen haben, nicht von einander zu weichen in Freud und Leid, laß uns darum Wort halten und treu zusammen bleiben. Wenn du dein Glück finden sollst, dann kannst du es hier so gut finden, wie in einem andern Welttheil.“ Der Aeltere bestand aber darauf, er wolle fort, da sprach der Jüngere: „Wenn du gehest, dann kann ich nicht bleiben, denn ich halte mein Versprechen, wie hart es mir auch ankommt.“ Und er ging zu seiner Frau und sprach: „Binnen acht Tagen verreise ich mit meinem Bruder, um ein wenig die Welt zu sehen; in Jahresfrist sind wir aber wieder zurück.“ Ach wie da die arme Prinzessin weinte und jammerte; es brach ihm fast das Herz, doch er ließ sich in seinem Entschluß nicht irre machen, denn sein Wort war ihm allzu heilig. Als nun die Schiffe zur Abfahrt gerüstet da lagen, zog der Prinz sein Schwert und gab es seiner lieben Frau, indem er sprach: „Behalte dieß Schwert als ein Zeichen von mir; so lange es blank bleibt, geht es mir gut, und so lange du keinen Rost oder Flecken darauf siehst, bin ich dir getreu und das bleibe ich bis in den Tod.“ Da gab ihm die Prinzessin ihr schneeweißes Gewand und sprach: „Dafür schenke ich dir diesen Mantel als ein Zeichen von mir; so lange er weiß bleibt, so lange bleibt meine Treue unverletzt.“ Da küßten und umarmten sie sich unter vielen Thränen und die beiden Brüder gingen zu Schiffe. Die Prinzessin aber schaute

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_102.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)