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zu ihm und brüllte so recht traurig und die Löwenwelpen kamen und lekten ihm die Augen, bis sie ganz heil waren. Jeden Tag brachte die Löwin ihm ein Stück Fleisch, das legte sie auf seine Kniee und er nahm es und aß es roh, das war seine ganze Nahrung. Das Fleisch holten sich die Löwen aber durch einen Erdgang, der lief aus der Löwengrube in den Wald. Als der Prinz nun eines Tages so in der Grube herumtappte, entdeckte er den Gang und kroch hinein. Lange spürte er nur eine dumpfe, schwere Luft, dann aber wurde ihm das Athmen immer leichter und endlich merkte er, wie sich der Gang erweiterte, wie frische Waldluft ihn anwehte. Er hörte die Vöglein in den Bäumen singen, die Hirsche und Rehe springen und fühlte die Sonne warm auf sein Angesicht scheinen. Er dankte Gott auf den Knieen für seine Rettung und schaffte sich dann weiter, so gut es eben ging. Gegen Abend rauschte es in der Ferne, darauf ging er zu und gelangte also an das große Weltmeer. Dort hatte grade ein Schiff angelegt, um frisches Wasser einzunehmen. Als der Schiffscapitän ihn sah, dauerte ihn der arme blinde Jüngling, der so verlassen da herum schlich und er frug ihn, ob er mitfahren wolle? „Ja das will ich gern, denn hier müßte ich ja Hungers sterben,“ sprach der Prinz und stieg in das Schiff, wo ihn der gute Capitän auf das Beste hielt und pflegte, so daß er von Tag zu Tage frischern Muthes wurde. Als das Schiff anlegte, nahm er unter vielem Dank von dem Capitän Abschied und schlich auf der Landstraße weiter.

Eines Tages kam er an eine große Stadt. Vor dem Thore

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_157.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)