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Alte die Wehmutter und nahm der Königin das Mägdlein; dem König sagte sie, es sei eine so abscheuliche Mißgeburt gewesen, daß sie keinem Menschen ähnlich gesehn habe, darum hätten sie dieselbe vergraben. Das Kindchen setzten sie aber in eine Schachtel und warfen sie in den Bach und darauf schwamm sie fort und immer weiter bis in die Gegend einer Mühle. Die Müllerin stand am Fenster und sah die Schachtel und rief ihrem Manne zu, er solle sie aus dem Wasser holen und sehn, was darin sei. Das that er und sie freuten sich recht, als sie das schöne Mägdlein drin fanden und da sie doch keine Kinder hatten, sagte der Müller zu seiner Frau: „Wie wär's, wenn wir das Mägdlein an Kindesstatt annähmen?“ „Das denke ich eben auch,“ sprach die Frau und sie thaten es und sorgten besser dafür, als wenn es ihr eigen Kind gewesen wäre.

Die arme Königin härmte sich unterdessen ab über ihr großes Mißgeschick und auch der König war sehr betrübt; doch wurde ihre Trauer bald in große Freude verwandelt, als die Königin ihm eines Tags verkündete, daß Gott sie mit einem andern Kinde segnen werde. Als die böse Schwiegermutter das hörte, ärgerte sie sich in ihrem Herzen und trieb den König jeden Tag auf die Jagd. So geschah es, daß er wieder nicht zu Hause war, als der Storch das Kindlein brachte, und es wurde der Alten sehr leicht, den König wieder zu belügen und ihn weis zu machen, die Königin habe abermals eine Mißgeburt bekommen, die noch ärger ausgesehen hätte, wie die erste. Das Kind war aber wiederum ein Mägdlein und damit machten sie es, wie mit dem ersten und

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_169.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)