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legten es auch in eine Schachtel und warfen diese in den Bach. So schwamm es bis an die Mühle und wurde von den guten Müllersleuten eben so herzlich aufgenommen, wie sein Schwesterlein.

Das Herzeleid des Königs und der armen Königin ist gar nicht zu beschreiben. Sie weinten Tag und Nacht und weinten sich fast die Augen aus. Auch hatten sie gar keine Freude mehr, als sich die Hoffnung wieder zeigte, daß ihnen ein anderes Kind bescheert werde. Es war auch gut, daß sie sich nicht darauf freuten, denn die böse Mutter war wieder eben so schnell bei der Hand wie die beiden ersten male und vertauschte das schöne Knäbchen, welches die Königin geboren hatte, mit einer häßlichen Mißgeburt, welche zur selben Zeit in der Stadt auf die Welt gekommen war. Als der Köng die Mißgeburt sah, wurde er entsetzlich böse und sprach, er wolle nichts mehr von der Königin wissen und sie gar nicht mehr sehen. Da triumphirte die böse Alte und sprang vor Freude, daß ihre alten Knochen schlotterten.

Das Knäbchen nahm aber denselben Weg, wie seine zwei Schwestern, schwamm auch an die Mühle und wurde eben so gern empfangen, wie jene. Es wuchs mit ihnen auf und wurde ein schöner Jüngling und blieben in der Mühle, bis er fünfzehn Jahr alt war. Da geschah es, daß die Alte eines Tags an der Mühle vorbei fuhr. Als sie den Jüngling und die beiden Mädchen sah, überlief es sie gar sonderbar. Sie stieg aus ihrem Wagen heraus, ging in die Mühle und frug den Müller, ob das seine Kinder seien? „Nein,“ sprach der Müller. „Gott hat sie mir auf dem

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_170.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)