Seite:De Deutsche Hausmärchen 178.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Das Kind vom Grabe.

In der Türkei lebte ein Kaufmann, der war sehr reich und hatte Alles, was er sich nur wünschte, nur hatte er keine Kinder und das war doch sein höchster Wunsch. Nach einigen Jahren starb seine Frau und da war er denn recht unglücklich; er fühlte sich so einsam und verlassen in der Welt, daß er des Lebens fast müde war und sein einziger Trost blieb, daß er jeden Abend an das Grab seiner Frau ging, wo er bis gegen Mitternacht blieb und betete.

Zu derselben Zeit regierte ein Sultan in der Türkei, der hatte von allen seinen Frauen nicht ein Kind bekommen. Als aber nach langem Harren die Sultanin eines Tages ihm verkündete, sie werde ihm bald ein Kindlein schenken, da wurde er krank und starb. Die Sultanin übernahm nun die Regierung und führte sie so gut, daß alle Leute im Lande glücklich und zufrieden waren. Sie hatte aber einen Minister, das war ein ehrgeiziger Mann und der hätte gern seinen Sohn auf den Thron gesetzt. Wenn die Sultanin keine Kinder bekommen hätte, dann wäre das nach ihrem Ableben schon zu machen gewesen, nun aber rückte der Augenblick immer näher heran, wo sie eines Kindes genesen sollte und war das ein Knäblein, dann mußte der Minister all seine Hoffnungen aufgeben. Darum sann und grübelte er Tag und

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_178.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)