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Nacht, was da wohl zu machen wäre. Da hörte er plötzlich eines Morgens, der Storch habe der Sultanin ein schönes Knäblein gebracht. Er eilte alsobald in das Schloß, gab der Hebamme und einem Kindermädchen viel, viel Geld und bekam also das Kind in seine Hände; dann ließ er es in ein seidnes Tuch gewickelt in ein Kästchen legen und befahl dem Mädchen, das Kästchen in die See zu tragen. Das Mädchen hatte aber Mitleid mit dem schönen Knäblein, trug es gegen Abend auf den Kirchhof und legte es auf das letzte frische Grab, worin die Frau des Kaufmannes lag. Der Sultanin wurde gesagt, das Kind sei todt auf die Welt gekommen und sofort begraben worden.

Es dauerte nicht lange, da kam der Kaufmann, um nach seiner Gewohnheit an dem Grabe zu beten. Als er das Kästchen sah, öffnete er es neugierig, da lachte ihm das Knäblein holdseelig entgegen. Ach, sprach er, meine Frau schenkt mir im Grabe noch ein Kind, damit ich nicht allein sei, und er küßte das Kind wie sein eignes und trug es voller Freude mit sich nach Haus. Dort nahm er dem Kinde eine Amme und als es größer wurde, ließ er es in allem Möglichen unterrichten. Also wurde das Kind zum Knaben und der Knabe zum Jüngling und der Kaufmann hatte ihn so lieb, daß er keinen Augenblick ohne ihn sein konnte.

Eines Tages wollte der Kaufmann eine große Reise machen, worauf ihn der Jüngling begleiten sollte. Er ließ ein Schiff ausrüsten und fuhr eines Morgens mit günstigem Wind ab. Es dauerte aber nicht lange, da erhob sich ein schrecklicher Sturm, so daß die Wellen haushoch gingen und das Schiff so lang herumwarfen,

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_179.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)