Seite:De Deutsche Hausmärchen 258.jpg

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Die Leichenfresserin.

Der König von England hatte eine wunderschöne Tochter, die sprach zu ihm: „Vater, wenn ich zwanzig Jahr alt bin, so sterbe ich, dann will ich hinausgetragen sein in das alte Kapellchen vor der Stadt; da sollt ihr mich in meinem Sarge hineinstellen und jede Nacht eine Schildwache dabei.“ Wie sie gesagt, so geschah's: sie starb auf ihren zwanzigsten Geburtstag und der König ließ ihren Willen thun. Sie ward in ihrem Sarge hinausgetragen in das Kapellchen und vor den Altar gestellt, und als es Nacht wurde, mußte eine Schildwache dabei bleiben. Als aber des andern Morgens der Soldat abgelöst werden sollte, lag er da und war ihm das Genick gebrochen. Ebenso ging es mit der zweiten Schildwache und mit der dritten, und zum vierten Male wollte es Niemand probiren, ob der König gleich eine große Belohnung darauf setzte. Damals war aber gerade am Hofe von England ein fremder Schneidergeselle. Er war auf seiner Wanderschaft dahin gekommen, und weil er so gut arbeitete, ließ ihn der König nicht mehr fort, ob er gleich gar dringend darum bat, weil er das Heimweh hatte. Der machte nun einen Anschlag, wie er sich auf gute Art aus dem Staube machen möchte und als er glaubte, es würde so gelingen, trat er vor den König und sprach: „Herr

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_258.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)