Seite:De Deutsche Hausmärchen 281.jpg

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blühten schöner und reicher, neue Blumen aller Art wuchsen aus dem Boden heraus und die Bäume trugen Frucht, daß die Aeste fast brachen. Jeden Samstag wenn seine Arbeit gethan war und Niemand mehr in den Garten kam, rasselte der Knabe, der unterdessen zum Jüngling wurde, mit seinem Kettchen, dann stand sein Pferdchen bei ihm. Er schwang sich auf, das Pferdchen schüttelte sich und sogleich strahlte und funkelte er von Gold und Silber. So ritt er in dem Garten umher und das war all seine Freude. Nun schauten aber die Zimmer der Prinzessin mit ihren Fenstern in den Garten und sie sah jeden Samstag den schönen Reiter, sagte aber nichts davon, denn sie meinte, es könne nur ein Engel sein, der da erschiene und von Erscheinungen soll man nicht reden, sonst verschwinden sie und man sieht sie nicht mehr. Eines Tages aber sah sie, wie der Gärtnerbursche in den Garten trat, sein Kettchen hervorzog und damit rasselte, wie das Pferdchen kam, er sich aufschwang und augenblicklich in Gold und Silber strahlend in dem Garten herumritt. Da entbrannte sie in Liebe zu ihm und diese war so heftig, daß sie krank wurde. Sie schlich nur noch wie ein Schatten umher. Als der Jüngling das hörte, brachte er ihr jeden Tag zwei Sträuße, ihr Gemüth zu erfreuen und zu erheitern. Dann bot sie ihm jedesmal die Hand zum Danke und schaute ihn so freundlich dabei an, sprach auch so schön mit ihm, daß er seines Herzens nicht lange Meister blieb. Auf so viel Glück hat die liebe Sonne niemals herniedergeschaut, als das war, wie der Jüngling ihr sein Herz eröffnete und sie ihm ihr Herz aufschloß und sie Beide eins im andern einen so

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_281.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)