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täglich nur ein Stückchen Brodkruste bekam und die war noch dazu ganz trocken.

Da hatte Jack von Eiland wohl Ursache zu weinen, denn es ist nichts ärger, als wenn man nach langem Schaffen und vieler Noth meint, etwas errungen zu haben und dennoch mit leeren Händen dasteht. Doch hatte der Prinz bei all seinem Unglück noch Glück, ohne daß er es Anfangs ahnte. Als der Jäger ihn nämlich fortschleifte zu dem Eiskeller, da kamen gerade die beiden schönen, weißen Jungfrauen daher das waren dem Grünus Kravalle seine Töchter. Die Jüngste, welche die schönste war, hatte Mitleid mit dem armen Prinzen, weil er so sehr schön war und dabei so sehr unglücklich, denn sie wußte von ihrem Vater, daß er also verlockt und gefangen werden sollte. Sie schlich sich eines Tages an das Fensterloch zu dem Eiskeller, da sah sie, wie der Prinz sein Brod in ein wenig Eiswasser erweichte und es so mit rechtem Heishunger verschlang. Das that ihr tief im Herzen weh und sie ging noch in derselben Nacht zur Küche, holte sich eine ganze Schürze voll guter Sachen, die vom Mittagessen übrig waren und trug sie dem Prinzen in seinen Eiskeller. Ach wie war er ihr dafür so dankbar! Er küßte ihre beiden Hände und war ganz außer sich vor Freude. Das rührte sie so sehr, daß sie ihm von da an jede Nacht Speise zutrug und die harten Brodkrusten mit sich nahm. Jedesmal blieb sie ein wenig länger bei ihm und ließ sich von ihm erzählen und jedesmal gefiel er ihr besser und sie ihm. Da sprach sie einmal: „Höre, ich habe dich so lieb, daß ich ohne dich nicht mehr leben kann; wenn du mein

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_291.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)