Seite:De Deutsche Hausmärchen 296.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


an deinem Herzen getragen hast und wie du als Steinklipper mit dem schweren Hammer auf mein Herz geschlagen hast, und wie ich in der Mühle auf dich warte und weißt nicht, daß ich um dich mit meinen armen Fingern den groben Hanf spinne, daß das Blut herunter lauft. Ach wie groß ist doch die Falschheit in dieser Welt!“ So jammerte sie fort und fort, bis zum hellen Morgen, aber der Prinz hörte nicht ein Wort davon. Um so besser hatten es die Schildwachen gehört, welche vor der Thür standen und das arme Mädchen dauerte sie so sehr, daß sie ihr gern geholfen hätten, nur wußten sie nicht wie? Sie glaubten nicht anders, als der Prinz habe Alles gehört und gar keine Acht darauf gegeben, darum faßten sie einen wahren Haß gegen ihn.

Die Jungfrau war zu Tode betrübt, als sie des Morgens aus der Kammer mußte, ohne daß der Prinz sie gehört hatte. Sie ging in den Wald, da fiel ihr ein, daß sie noch zwei Nüsse habe und sie klopfte die zweite Nuß auf. Da kam ein Kleid von purem Gold heraus, das war noch viel, viel schöner, wie das erste und gar nicht mit ihm zu vergleichen. Sie zog es an und ging damit vor dem Schlosse auf und ab. Als die Braut aus ihrem Zimmer sah, wie das kostbare Kleid in der Sonne glänzte, sprach sie zu ihren Dienerinnen: „Das Kleid muß ich haben, es mag kosten, was es will. Geht zu dem Mädchen und fragt es, wie viel es dafür fordert.“ Die Dienerinnen kamen zu der Jungfrau und fragten sie; sie sprach: „Um Geld und Gut ist mir das Kleid nicht feil, aber wenn ich eine Nacht in der Kammer des Prinzen schlafen kann, so gebe ich es her.“ Die Braut war das

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_296.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)