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in deinem Hause und morgen früh mußt du schon hinaus mit deiner Frau.“ „Du bist wohl wahnsinnig?“ rief der Kaufmann, „dein Vermögen gehörte mein von Rechtswegen, aber ich will es nicht, du magst es behalten.“ Da lachten Alle laut auf und riefen: „Hat deine Frau kein Muttermal oben am Arm und ist ihre kleine Zehe nicht schief?“ Und der falsche Kerl frug: „Und kennst du den Ring nicht? Siehe den hat sie mir geschenkt. Das hast du von deiner schönen Frau.“ Da lachten Alle ihn boshaft aus und riefen: „Jetzt kannst du deine schöne Frau für Geld sehn lassen. Wie froh sind wir, daß wir häßliche Frauen haben!“ und solcher Dinge mehr.

Dem Kaufmann aber war es, als müsse Himmel und Erde über ihm zusammenbrechen. Wie er aus dem Zimmer kam, wußte er selber nicht; er meinte alle bösen Geister der Hölle seien hinter ihm her und stürzte wie wahnsinnig in sein Haus. Dort überhäufte er seine arme Frau mit Vorwürfen und Schimpfwörtern, ohne daß sie ahnte, woher sie dieselben verdiente, schlug sie daß sie für todt daliegen blieb und eilte fort nach Dänemark, wo er als gemeiner Soldat Dienst annahm.

Als die arme Frau wieder zu sich kam, wußte sie in ihrer Verlassenheit Anfangs nicht, was anfangen; hatte sie doch keinen Menschen auf der Welt, der ihr einen Rath gegeben hätte. Endlich entschloß sie sich kurz und gut, ihrem Manne nachzuforschen und nicht zu ruhen, bis sie ihn wiedergefunden habe. Sie packte so viel Geld zusammen, als sie noch vorräthig fand, legte das Kleid hinzu, welches sie an dem Tage getragen, zog statt dessen

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_359.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)