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andern Weg einzuschlagen, doch der Arzt ließ sich nicht abweisen und flehte den Tod so lange, bis dieser sprach: „Wohlan du kannst mit mir gehn bis an mein Schloß, aber nicht hinein.“ Sie kamen bald auf einen breiten, gar glatten und schönen Weg, der sich weithin in den Wald erstreckte; am Ende desselben stand ein schönes Schloß, daran waren alle Läden geschlossen. Als sie am Thore standen, sprach der Tod: „Jetzt laß es genug sein, lieber Sohn, und kehre um; thue mir den Gefallen!“ Aber der Arzt war jetzt gerade erst neugierig geworden zu sehn, wie es in des Todes Schloß aussähe, und wie sehr der Tod auch bat, er möge jetzt zurückkehren, er bestand darauf, bis er hinein kam. Da waren alle Zimmer dunkel und voll Lichtchen, eins am andern. „Was ist das?“ frug der Arzt erstaunt und der Tod erwiederte: „Das sind die Lebenslichter der Menschen.“ „Ach lieber Pathe, wo ist denn meines?“ fragte der Arzt und der Tod antwortete: „Darnach frage nicht, das ist dir nicht gut zu wissen.“ Da ging es aber wiederum, wie vorher, der Arzt quälte ihn so lange, bis der gute Tod ihm ein ganz kleines Lichtchen zeigte, welches nicht weit vom Verlöschen war. „Nun gehst du mir aber und bleibst keinen Augenblick mehr,“ sprach der Tod ernst, „damit ich hier nicht mein Amt an dir üben muß;“ und er führte ihn rasch aus dem Schloß und in den Wald zurück.

Der Arzt eilte nach Hause und wurde noch am selben Abend ernstlich krank. Als er in der Nacht einmal erwachte, schaute er sich im Zimmer um, da stand der Tod zu Häupten seines Bettes. Da wandte er sich rasch in dem Bette um und streckte dem Tode

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_367.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)