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Ufer. Dann fing er an zu beschwören, bis das Männlein heraus kam aus dem Wasser. Es ging in dem Kreise um den Teich herum, bis es an die Uhr kam, da blieb es stehn und fragte, was das sei? Das wäre eine Uhr, sprach der Hexenmeister, darin wäre etwas Lebendiges und man könne immer darauf sehn, welche Zeit es sei. Das Männlein hielt die Uhr ans Ohr und sagte, es wolle sie eintauschen. Der Zauberer erwiederte, für den König könne er sie bekommen; endlich wurden sie einig, daß das Männlein den König nur einmal zeigen und die Uhr dafür kriegen solle. Da fuhr es hinab und brachte den armen König heraus, es ließ ihn aber nur zur Hälfte aus dem Wasser heraussehn, damit es noch Gewalt über ihn hatte, und riß ihn dann schnell wieder hinunter.

Wie er es mit der Uhr gemacht hatte, so machte es der Zauberer nun mit dem Spiegel. Das Männlein freute sich gar sehr über das Glas, worin es sich persönlich sehen konnte und sagte, es hätte nie gedacht, daß es so schön sei. Der Zauberer versprach ihm den Spiegel, wenn es den König noch einmal herausheben und auf seine flache Hand stellen wolle.

Das Männlein willigte ein; wie aber der König auf seiner Hand saß, ward er auf einmal zum goldigen Vöglein und flog fort. Das Wasser schwoll ihm nach, zwei Stockwerk hoch, doch es konnte ihn nicht mehr erreichen. Da zerschlug das Männlein im Zorn den Spiegel und fuhr hinab in den brausenden See. Als aber der Zauberer heim kam, lag der König schon oben am Fenster und hatte sein liebes Ehgemahl im Arme.

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_382.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)