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Zwirn, Nadel und Scheere dazu, mein Schneider sprang auf den Tisch und nähte tapfer drauf los, so daß er vor Tagesanbruch mit dem Anzuge fertig war; den legte er dem Bauern vor sein Bett.

Als der Bauer Morgens erwachte und sich anziehen wollte und den Pfarrersrock mit dem Pfarrerkäppchen fand, war er gar verdutzt und sprach zu sich selber: „Hab ich doch gemeint, ich sei ein Bauer und bin doch ein Pfarrer. Was man sich nicht Alles einbilden kann!“ Er zog sich an und ging in die große Stube, da stand der Schneider und das Weib ehrerbietig auf und grüßten ihn: „Guten Morgen, lieber Herr Pfarrer.“ Der Bauer schüttelte den Kopf und fragte sich selber aufs Gewissen noch einmal: „Bin ich's, oder bin ich's nicht?“ Da sprach der Schneider: „Wollen Sie denn so früh schon weiter ziehen, Herr Pfarrer?“ und das Weib: „Ich will Ihnen vorher noch einen guten Kaffee kochen, Herr Pfarrer.“ „Ich bin's nicht, ich bin der Pfarrer,“ sagte jetzt der Bauer zu sich selbst, denn so große Falschheit hielt er in seiner Treuherzigkeit nicht für möglich. „Ich nehme den Kaffee mit Dank an,“ antwortete er alsdann, trank und aß und reiste weiter, während der Schneider und das Weib ins Fäustchen lachten.

Gegen Mittag kam er an ein Dorf, da war der Pfarrer gestorben und die Bauern suchten einen neuen Pfarrer. Da kam ihnen der Bauer gerade recht und er wurde sogleich ins Pfarrhaus geführt und am folgenden Tage, der ein Sonntag war, sollte er zuerst predigen. „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_433.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)