Seite:De Deutsche Hausmärchen A06.jpg

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wir erkannten, daß wir von Tausenden von Märchenerzählern umgeben waren, an die wir bisher gar nicht gedacht hatten. Wilhelm, welcher Lieutenant in Großherzoglich Hessischen Diensten ist, ließ die Soldaten Mann für Mann aufmarschiren und sagen und singen was sie wußten, Märchen, Sagen, Legenden, Beschwörungen, Aberglauben, Lieder. Da strömte der Segen so reichlich, daß an ein Ausarbeiten kaum mehr zu denken war, weil wir die Hände zum Einsammeln und vorläufigen Ordnen zu sehr gebrauchten. Mit unserm Reichthum wuchs unsere Freude an den verschiedenen Sammlungen. Wilhelm überließ mir die Soldaten; er zog während ich zu Hause sammelte, allein zu unsern alten Freunden im Odenwalde und seine Bemühungen wurden durch manchen kostbaren Fund gelohnt; so trug er u. a. eines Tages zwei der schönsten Märchen, das „von der schönen Schwanenjungfer“ und „die eisernen Stiefel“ heim.

Die Erzählungen, welche wir von unsern braven Soldaten gewannen, brachten diese theils frisch aus der Heimath mit, theils waren es auch solche, welche sich seit undenklichen Zeiten in dem Heere fortgepflanzt hatten, die an den Wachtfeuern früherer Campagnen bereits erzählt worden waren. Ihr Gebiet umfaßte darum nicht allein Hessen, wir erhielten Traditionen aus

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_A06.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)