Seite:De Die Chinesische Mauer (Kraus) 29.jpg

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Berufe weiht, ist die legitime Anwärterin des Bereichs einer erledigten Zivilisation. Einer, welche beim Fortschritt sich selbst auf die Füße trat, weil sie ohne Moral nicht ausgehen konnte, welche Panzerschiffe gebaut, aber den Tanz um den Fetisch einer Jungfernhaut aufgeführt hat. Wilde Völkerschaften, elektrisch beleuchtete Barbaren wird Asien entdecken. Aber es wird großmütig auf jeden Bekehrungsversuch verzichten. Jene, die dem Weib die einzige Mission zuerkennen, vorwandlos der Freude zu dienen, werden den Ungläubigen keine Missionärinnen ins Bett schicken.

Sie werden auf eine Rasse stoßen, deren Völker einander mit Krieg und Nächstenliebe überziehen und nur einig sind in der Verachtung aller, die nicht ihre Gesichtsfarbe haben und eine andere Ausdünstung. Osten und Westen stellen einander den Teufel vor und halten sich die Nase zu. Aber die Chinesen vertragen mehr. Sie finden, daß die andern —— die andern Männer —— „einen faden Leichengeruch“ ausströmen; und solche Wahrnehmung könnte mehr bedeuten als eine Empfindung der Unlust. Hier lebt etwas in Verwesung, des Erlösers gewärtig, der es vom Leben errettet. Hier siecht eine Lust, deren Arzt die Furcht war und das Leiden. Hier ist etwas bei lebendigem Leib begraben und etwas Totes hält die Grabwacht. Sie werden durch unsere Finsternisse schreiten und den Weg zum Leben nicht verfehlen. Ihre unterirdischen Gänge sind

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Karl Kraus: Die Chinesische Mauer. Leipzig 1914, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Chinesische_Mauer_(Kraus)_29.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)