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gestrige Abend war im wechselvollen Feldzug meines Lebens der Einzug durch bewimpelte Siegespforten!

Die Szenerie war so unvergleichlich wie die Akteure des Stückes, das der Rahmen meiner Komödie war: Der rote Salon im weichen Licht duftender Kerzen; vor dem weißen Kamin, dessen knisternde Flammen meine Vorlesung begleiteten wie eine darauf abgestimmte Melodie, die stolze Gestalt der Großfürstin im leuchtend-gelben Atlaskleide; auf dem Taburett ihr zu Füßen der kleine Gemahl mit dem häßlichen Slavengesicht, das man um seines Geistes willen lieben muß; dicht dahinter, geschmückt wie ein Pfau, aufgeblasen wie ein Truthahn, Monsieur Laharpe, von dessen immer gelber sich färbenden Zügen ich den Grad meines Erfolges ablas; neben ihm, klug wie immer den Schatten suchend, der Ausdruck und Meinung Geheimnis bleiben läßt, der Baron Grimm, der Freund aller unruhigen Geister und Korrespondent aller Potentaten. Auf der andern Seite aber meine reizende Gönnerin, von den durchsichtigen Falten himmelblauen Seidenmusselines weich umflossen, frische Rosen in den Haaren und ein Gesichtchen darunter, vor dem alle Blumen der Welt beschämt erbleichen müssen!

Wissen Sie, daß ich während des ganzen Abends mit Ihrer Schönheit kämpfte, wie mit dem gefährlichsten aller Rivalen?! Lenkte sie doch die Aufmerksamkeit

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/322&oldid=- (Version vom 31.7.2018)