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sind stolz darauf, einen Ehemann so raffiniert als möglich zu betrügen; ihr Ehrgefühl steht auf derselben Stufe wie das Gefühl, das sie Liebe zu nennen sich nicht mehr schämen. Ich aber fühle es mit wachsender Angst: die täglichen, häßlichen Heimlichkeiten, die verschlossenen Zimmer, die Furcht vor jedem Schritt, die Scheu vor den Augen der Lakaien, sind imstande, selbst meine große Liebe zu Dir in den Schmutz der Auffassung jener Männer herabzuziehen.

Ich muß fort, nicht weil ich aufhörte, Dich zu lieben, sondern weil ich Dich zu sehr liebe. Die Rolle des galanten Kavaliers liegt mir nicht. Erst wenn ich fern bin, werde ich wieder des ganzen Glücks unserer Liebe froh werden. Und erst dann, dessen bin ich gewiß, wirst Du mich verstehen lernen.

Über die Zukunft nachzudenken, bin ich im Augenblick dieses schrecklichen inneren Aufruhrs außerstande. Nur eins ist mir gewiß: daß nichts, am wenigsten die äußere Entfernung, uns zu trennen vermag.







Prinz Friedrich-Eugen Montbéliard an Delphine.
Paris, den 6. April 1783.


Wie hätte ich mich in Dir täuschen können? Mit solcher untrüglichen Sicherheit würde Liebe nicht wählen, wenn Du nicht alles erfülltest, was

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/341&oldid=- (Version vom 31.1.2018)