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mich zu der Hoffnung verleitet, sie vielleicht beeinflussen zu können. Aber schon die vierzehn Tage, die ich wieder in ihrer Umgebung bin, haben mir bewiesen, daß es nicht möglich ist. Sind es die Folgen der Monarchenerziehung, die sie zwingen, ihr eigentliches Wesen zu verstecken; oder – ist sie nicht anders, als sie sich zeigt? Ich habe versucht, ernstere Interessen wachzurufen, aber nichts vermag sie zu fesseln, was nicht eine persönliche Beziehung zu ihr selber hat: die Kunst nur, wenn sie ihre Schlösser schmückt, ihre Langeweile vertreibt, die Finanzen Frankreichs nur, insofern sie ihr Budget beeinflussen. Sie ist niemals glücklicher, als nach einer Toilettenkonferenz mit Madame Bertin oder nach einem Besuch Monsieur Boehmers.

Schlimm genug, wenn ein König nichts anderes zu sein vermag, als der Träger der Krone, schlimmer noch, wenn eine Königin die Erde, auf der sie steht, nur insoweit bewertet, als sie ihr Nährboden ist!

Du schreibst mir noch, wann Du kommst. Ich wage nicht eher daran zu glauben, als bis ich Dich sehe, bis meine Arme Dich umschließen. Liebte ich Dich so wenig, daß ich sie jemals öffnen konnte, um Dich von mir zu lassen?







Herr von Beaumarchais an Delphine.
Paris, am 10. Juni 1783.


Teuerste Marquise. Ihre Rückkehr nach Paris ist für den Aberglauben eines Glaubenslosen wie

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/345&oldid=- (Version vom 31.7.2018)