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bis vierzig Saumpferden auf die Kornmärkte nach Bregenz, brachten Butter und Käse dahin und saumten Getreide zurück. Jetzt führt wenigstens ein guter Fahrweg durch den Schwarzachtobel bei Alberschwende ins Rheinthal hinaus und zunächst nach Bregenz.

Im Walde selbst geht dem Hauptthale nach bis Schopernau ein schmales Sträßchen, das aber etliche sehr mißliche Stellen hat. Einige Ausläufer davon verästeln sich in die Seitenthälchen. Der jetzt unternommene Bau einer neuen Straße wird mit sehr günstigen Augen betrachtet. Ueber die Richtung derselben stand der Wald vor zwei Jahren in großer Spannung, da jede Gemeinde an der neuen Straße liegen wollte. Fahrbarer als der Weg längs der Ache ist die Commerzialstraße, welche vom Schwarzachtobel aus über Lingenau und Hüttisau, also durch den äußern Wald gegen den bayerischen Flecken Staufen führt.

„Dieß Thal, sagt Sebastian Münster in seiner Kosmographie, hat schön, stark und viel volk, das rauch lebt und gleichwol nit arm ist; heißt jre meitlin und junckfrawen jrer sprach nach Schmelgen."

So scheinen die Bregenzerwälder von jeher in gutem Ruf gestanden zu seyn, und in der That sind sie ein liebenswürdiger Schlag von Leuten; die Männer verständig, bieder, gutmüthig, aber zu Schimpf und Scherz geneigt, die Mädchen und Frauen von milder freundlicher Art, frohsinnige Plauderinnen, wenn auch mit ihrem abgekappten Alemanischen, das mit hoher singender Stimme vorgetragen wird, dem Nichtwälder etwas unverständlich. Beiden Geschlechtern eigen ist ein Streben nach ehrenhafter stattlicher Häuslichkeit, und so sind sie reinlich und sparsam, ohne Abneigung gegen erlaubten Schmuck des Lebens, den der herrschende Wohlstand allerwege zuläßt. Der Hauptbetrieb des Thales ist Viehzucht und Sennerei – Beschäftigungen, denen die volle Liebe der Wälder zugewendet ist. Daher auch die seltsame, fast einzeln stehende Erscheinung, daß hier die schöne Waidmannsfarbe der Fluren nirgends mit dem Gold der Aehren abwechselt, während nahezu in allen übrigen Thälern Vorarlbergs und Tirols der Boden bis in die innersten Winkel hinein gezwungen wird Getreide zu tragen.


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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_052.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)