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schickte der Herzog von Danzig den bayerischen Oberst Freiherrn von Burscheidt und den französischen Oberstlieutenant Vassereau ins Oberinnthal ab, um mit 1400 Mann den Durchbruch über Finstermünz zu versuchen und dem Sandwirth, der bei Sterzing stand, in den Rücken zu kommen. Sie zogen ohne Widerstand zu finden über die Pontlatzer Brücke und auf das Feld vor Prutz, welches die Tullenau heißt. Zu der Zeit – es war am 8 August Nachmittag – aber fiel ein Schuß und die Prutzer Sturmglocken ertönten; aus dem Walde herunter fing es zu krachen an und die Bayern rückten eilig gegen Prutz. Nun war aber hier die Brücke abgerissen und jenseits derselben stand ein wohlversteckter Haufe unerreichbarer Schützen, welche behende zu schießen begannen. Die Bayern suchten zuerst den Ladiser Berg zu stürmen, um über Serfaus weiter zu ziehen, konnten das aber nicht erreichen, hielten bis zum Abend, zündeten dann Entbruck an, das Prutz gegenüber auf der linken Seite des Inns liegt, um dadurch der Aufmerksamkeit der Landleute ein anderes Ziel zu geben, und zogen wieder auf die Pontlatzer Brücke, um zurückzukehren. Da war nun aber oben auf den Halden wieder wie vor hundert und sechs Jahren eine Felsenbatterie errichtet und wartete ihrer. Dießmal hatte man ihre Bedienung den Weibern übertragen. Der Vortrab des Zuges war schon über der Brücke und vielleicht hätten im Dunkel der Nacht alle die Rettung gefunden, wenn nicht der Hufschlag der Pferde und das Rollen der Geschütze den reisigen Haufen verrathen hätte. So aber brach plötzlich vom Gebirge zur Linken herunter schmetterndes Gewehrfeuer und dieß galt als Losung für die Weiber, die auf der andern Halde standen und die sofort die Felsentrümmer entrollen ließen. Nunmehr dieselbe grausige Scene wie im bayerischen Rummel, nur noch die Schauer der Nacht dazu. Ein kleiner Theil der Fußgänger war nach Landeck entkommen, die andern hatten keinen Ausweg als wieder zurück in das Blachfeld der Tullenau. Es waren aber unterdessen fünf neue Compagnien Scharfschützen aus dem Vintschgau zugezogen, und so umstellten die Tiroler weit und breit alle Höhen und schossen als der Morgen anbrach mit immer treffenden Kugeln unter die Bayern

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_261.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)