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Rechte im Engadein zu befestigen oder wieder an sich zu bringen, fuhren die Ladiner gewaltig heraus, raubten, mordeten und verbrannten Nauders, und später nach der Schlacht auf der Malser Haide sämmtliche Orte des obern Vintschgaues, in demselben Frühjahre als die Eidgenossen den Bergknappen von Schwaz und der Tiroler Landwehr die blutige Schlacht bei Frastenz abgewannen. Bald kam auch die Reformation dazu, um den Riß zwischen dem kühlen Thal am Inn und dem warmen an der Etsch noch weiter zu machen. Die Engadeiner wurden calvinisch und blieben Romansche, die Vintschgauer blieben katholisch und kehrten sich von der Zeit mehr und mehr dem deutschen Wesen zu. Die tirolischen Rechte auf die Landschaften an den Quellen des Inns wurden aufgegeben; nur Schloß und Dorf zu Trasp, das Swiker von Reichenberg schon im Jahre 1239 an den Grafen Albrecht von Tirol verkauft hatte, blieb gleichwie das Schloß Räzüns oberhalb Chur im Domleschg als Enclave dem Erzhause Oesterreich. Zu Trasp stiftete es zum Schutze der gefährdeten Rechtgläubigkeit ein kleines Kloster für Capuciner. Im Luneviller Frieden hat der Kaiser indessen auch diesen Besitzthümern entsagt und sie dem Kanton Graubünden überlassen. Das Klösterlein und die katholische Gemeinde zu Trasp hat sich aber erhalten und letztere ist der Sprache nach fast für eine deutsche anzusehen.

Etwas oberhalb des alten Passes steht in der Straßenenge, am rauschenden Stillebach, zum Theil in den Felsen eingehauen, zum Theil von Felsen überragt, die neue Veste Finstermünz, ein Gebäude von grauem Granit, das erst vor kurzem fertig geworden. Der Herr Platzcommandant, der in einem gegenüber liegenden Häuschen wohnt, ertheilte die Erlaubniß das Fort zu besehen, und ein jüngerer Officier führte uns mit einnehmender Artigkeit in demselben herum. Es ist nichts weiter als ein ungemein fest gebautes Haus voll Schießscharten, voll Kanonen, Mörser und anderem Gewehr. Der Officier erklärte uns, wohin die Stücke alle streichen, und da glaubten wir denn freilich wahrzunehmen, daß in der ganzen Gegend, so weit sie auf die Veste hernieder schaut, keine

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_278.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)